Siegelement der Uni Freiburg in Form einer Blume

Sport gÄndern – Geschlechterunterschiede im Sport

Am Institut für Sport und Sportwissenschaft beschäftigten sich Studierende damit, welche Rolle das Geschlecht in verschiedenen Bereichen des Sports spielt

Jana Strahler, Julian Lörch und Johanna Mertesdorf schauen in die Kamera. Im Hintergrund sind die Geräte eines Fitnessstudios zu sehen.

Im Wintersemester 2023/24 fand zum ersten Mal das Seminar „Sport und Geschlecht in Prävention, Therapie und Leistung“ an der Universität Freiburg statt. Organisiert und durchgeführt hat es Prof. Dr. Jana Strahler, Professorin für Sportpsychologie. Im Gespräch mit Verena Krall erklären Strahler und die Studierenden Johanna Mertesdorf und Julian Lörch, was zu Geschlechterunterschieden im Sport bekannt ist und wo noch Forschungsbedarf besteht.

Wie ist die Idee entstanden, ein Seminar zu Sport und Geschlecht anzubieten?

Jana Strahler: Ich war überrascht davon, dass Geschlechterunterschiede im Sportstudium kaum vorkommen. In einigen Fächern wird das Thema gestreift, etwa wenn es in der Sportpädagogik um Geschlechter-Stereotype geht oder um Unterschiede beim Training. Aber es gab bisher keine Veranstaltung am Institut, die sich aus verschiedenen Perspektiven mit Geschlechterfragen im Sport beschäftigt hat. Diese Lücke wollte ich schließen.

Wieso ist es wichtig, sich mit Geschlechterunterschieden zu beschäftigen?

Johanna Mertesdorf: Das Gender Data Gap ist in vielen Bereichen noch groß, das heißt, es gibt oft keine oder nur wenig Daten dazu, wo die Unterschiede zwischen Frauen und Männern liegen. Dadurch sind viele Lebensbereiche für Männer optimiert, auch außerhalb des Sports: die Handy-Größen, die Temperatur des Wassers im Schwimmbad, aber auch die Form von Crashtest-Dummies. Oft entstehen für Frauen Nachteile, weil ihre spezifischen Bedürfnisse nicht mitbedacht werden.

Jana Strahler: Ein häufiger Ansatz, auf Geschlechterunterschiede einzugehen, ist „Pinking and Shrinking“: für Frauen sind Kleidung und Sportartikel pink und kleiner. Aber das geht an weiblichen Bedürfnissen vollkommen vorbei.

Porträt Johanna Mertesdorf.

„Durch das Gender Data Gap entstehen für Frauen oft Nachteile, weil ihre spezifischen Bedürfnisse nicht mitbedacht werden.“

Johanna Mertesdorf

Studentin am Institut für Sport und Sportwissenschaft

Was ist im Sport bereits zu Geschlechterunterschieden bekannt?

Jana Strahler: Beispielsweise beeinflusst der Menstruationszyklus die Leistungsfähigkeit von Sportlerinnen. Besonders wenn das psychische Wohlbefinden durch Schmerzen vor oder während der Periode geringer ist, nimmt auch die Leistung ab. Außerdem ist je nach Geschlecht unterschiedlich, welche Verletzungen häufiger vorkommen. Bei Frauen reißt zum Beispiel das vordere Kreuzband häufiger als bei Männern. Auch Empfehlungen im Gesundheitssport sind je nach Geschlecht unterschiedlich. Krafttraining senkt den diastolischen Blutdruck effektiver bei Frauen. Bei Männern wiederum erhöht es die arterielle Steifigkeit stärker. Das heißt, die Blutgefäße verlieren bei ihnen durch Krafttraining an Flexibilität, was das Risiko für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann. In ganz vielen Bereichen des Sports muss aber noch weiter zu Geschlechterunterschieden geforscht werden. Beispielsweise, wie Leistungssport für trans- und intersexuelle Personen gerechter werden kann.

Was sollte sich an großen Sportereignissen wie Olympia in dieser Hinsicht ändern?

Julian Lörch: Ein so großes System zu ändern, ist natürlich schwierig. Ich fände es toll, wenn die Aufmerksamkeit genutzt würde, um auf das Thema Geschlechterunterschiede hinzuweisen. Warum liegt beispielsweise eine Sprinterin deutlich hinter ihrer Bestzeit und verfehlt das Podest? Könnte ihr Zyklus dabei eine Rolle spielen?

Jana Strahler: Bei den Olympischen Spielen 2024 herrscht zum ersten Mal Geschlechterparität bei den Athlet*innen. Allerdings gilt das nicht für die begleitenden Trainer*innen, Physiotherapeut*innen und Sportmediziner*innen. Dabei zeigen anonyme Befragungen, dass Sportlerinnen Themen wie zyklusbedingte Probleme eher gegenüber weiblichen Trainerinnen ansprechen. Eine Parität bei Menschen in diesen unterstützenden Funktionen könnte also ebenfalls positive Effekte haben.

Porträt Jana Strahler.

„Ein häufiger Ansatz, auf Geschlechterunterschiede einzugehen, ist ‚Pinking and Shrinking‘: für Frauen sind Kleidung und Sportartikel pink und kleiner. Aber das geht an weiblichen Bedürfnissen vollkommen vorbei.“

Prof. Dr. Jana Strahler

Professorin für Sportpsychologie

In dem Seminar sind mehrere Podcast-Folgen entstanden. Was war die Motivation dahinter?

Jana Strahler: Die Idee war, eine Studienleistung zu entwickeln, die näher an der Lebenswelt der Studierenden dran ist. Auch mit dem Ziel, das Wissen aus der Forschung für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Julian Lörch: Bei Hausarbeiten habe ich immer das Gefühl, ich schreibe für jemanden, der*die das alles sowieso schon weiß. Deshalb war es cool, mit den Podcasts etwas zu kreieren, das sich explizit an die Öffentlichkeit richtet.

Johanna Mertesdorf: Das Thema Geschlechterunterschiede im Sport ist einfach ein sehr aktuelles, das gesellschaftlich relevant ist. Umso wichtiger ist es, darüber aufzuklären und Fakten an die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Das hat sich sehr sinnvoll angefühlt.

Porträt Julian Lörch.

„Ich fände es toll, wenn die Aufmerksamkeit bei Olympia genutzt würde, um auf das Thema Geschlechterunterschiede hinzuweisen.“

Julian Lörch

Student am Institut für Sport und Sportwissenschaft

Die Podcast-Folgen zum Seminar

Kontakt

Hochschul- und Wissenschaftskommunikation

Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-4302
E-Mail: kommunikation@zv.uni-freiburg.de