Freiburg, 30.10.2024
Die Freiburger Linguistin Prof. Dr. Katharina Brizić startet eine Fallstudie zu „Migration, Zugehörigkeit und Zusammenhalt im mehrsprachigen Berlin“. Der Schwerpunkt liegt auf Kindern und Jugendlichen. Die Untersuchung ist Teil eines großen, von der EU geförderten Gesamtprojekts.
Katharina Brizić, Professorin für Mehrsprachigkeitsforschung am Deutschen Seminar der Universität Freiburg. Bild: Klaus Polkowski / Universität Freiburg
Welche Rolle spielt die Mehrsprachigkeit von Zuwanderern für gegenseitige Zugehörigkeit, sozialen Zusammenhalt und damit auch für die Demokratie in Deutschland? Wo und wie kommen mehrsprachige Kinder und Jugendliche im Alltag zu Wort, wo und wie werden ihre Stimmen gehört und aufgegriffen – oder auch nicht? Diese Fragen untersucht die Linguistin Prof. Dr. Katharina Brizić, Professorin für Mehrsprachigkeitsforschung am Deutschen Seminar der Universität Freiburg, in ihrer Fallstudie „Migration, Zugehörigkeit und Zusammenhalt im mehrsprachigen Berlin“. Das Projekt wird von der Europäischen Union gefördert, beginnt im Januar 2025 und läuft über drei Jahre.
„Ich freue mich auf dieses Projekt, weil es sich mit drängenden Fragen unserer Zeit befasst: mit Sprache und Mehrsprachigkeit, Migration und Partizipation“, sagt Brizić. „Das ist umso wichtiger, als wir derzeit eine Gesellschaft erleben, die auseinanderdriftet, eine Gesellschaft, die in Migration allzu oft die Ursache aller Probleme sieht und die immer empfänglicher für Hass und Hetze wird.“ Die Fallstudie ist Teil des Gesamtprojekts „Strategies to strengthen the European linguistic capital in a globalised world“ (Strategien zur Stärkung des europäischen sprachlichen Kapitals in einer globalisierten Welt, MultiLX), an dem neun europäische Hochschulen beteiligt sind und das von der EU im Förderprogramm „Horizon Europe“ mit insgesamt drei Millionen Euro unterstützt wird.
„Ich freue mich auf dieses Projekt, weil es sich mit drängenden Fragen unserer Zeit befasst: mit Sprache und Mehrsprachigkeit, Migration und Partizipation.“
Brizićs Fallstudie arbeitet mit innovativen linguistischen Methoden, um zu verstehen, wie der Fragmentierung einer Gesellschaft bereits bei Kindern und Jugendlichen entgegengewirkt werden kann, wo Zusammenhalt beginnt oder möglicherweise beginnen könnte und wie er sich in einer mehrsprachigen, superdiversen Einwanderungsgesellschaft entfaltet. „Die Rolle, die die Mehrsprachigkeit hierbei spielt, ist unseres Wissens bisher nicht ausreichend untersucht und politisch nicht ausreichend berücksichtigt worden“, sagt Brizić.
Der Schwerpunkt der Studie liegt auf Kindern und Jugendlichen, sie ist daher im Kontext von Sozialarbeit, Vorschule und Schulbildung angesiedelt. Das ehrgeizige Ziel ist ein umfassendes empirisches Verständnis der Konzepte von Fragmentierung und sozialem Zusammenhalt bereits auf der detaillierten, feinkörnigen Ebene der Mikrointeraktion im Alltag der Kinder und Jugendlichen. Besonderes Augenmerk wird auf die Frage gelegt, wo genau und wie die Sprachen eines Menschen eine Rolle spielen, um der eigenen Stimme in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen, und welche Rolle dabei Bildungseinrichtungen spielen.
Brizić kooperiert für das Projekt unter anderem mit dem Freiburger Verein „Initiative für Mehrsprachigkeit und Interkulturelle Bildung“ (IMIB) und Prof. Dr. Zeynep Kalkavan-Aydin, Professorin für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Auch Vertreter*innen der lokalen Politik in Freiburg und Berlin sollen eingebunden werden. „Wir möchten mit unserem Projekt zeigen, welche Potentiale gerade in der Diversität liegen, und möchten unsere Ergebnisse sowohl für die Politik als auch Öffentlichkeit anschaulich machen“, sagt Brizić.