Die Zahnmedizin beteiligt sich mit zwei Teilprojekten am Gesamtprojekt LongStI. Innovativ ist hierbei das Ziel, die Schnittstellen zwischen Humanmedizin, Pflegewissenschaften und Zahnmedizin aufzuzeigen. Viele PatientInnen, die in intensiver medizinischer und/oder pflegerischer Betreuung sind, sehen den/die ZahnarztIn nur selten – bspw. stationäre PatientInnen oder solche in Pflegeheimen. Hier ist es umso wichtiger, dass auch die anderen beteiligten Professionen umfassende Grundlagenkenntnisse der oralen Erkrankungen mitbringen.
Das eine Teilprojekt „Orale Prophylaxe“ befasst sich mit den häufigsten Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparates: Karies, Gingivitis und Parodontitis. Der Schwerpunkt wird hier auf die Vorbeugung dieser Erkrankungen gelegt bzw. auf die frühe Erkennung, um weitreichende Folgen für den/die PatientInnen zu vermeiden. Es gibt nämlich inzwischen zahlreiche Hinweise, die einen Zusammenhang zwischen der erkrankten Mundhöhle und allgemeinmedizinischen Krankheitsbildern nahelegen oder sogar belegen. Dem Pflegepersonal kommt hier eine zentrale Bedeutung bei der Unterstützung oder Durchführung der individuellen Mundhygiene zu, die immer noch die beste Prophylaxe für Karies oder Zahnfleischerkrankungen darstellt. Die Studierenden aller drei Professionen werden in diesem Format im Rahmen einer Vorlesung mit den Grundlagen der Erkrankungen und der Prophylaxe vertraut gemacht. Sie führen gegenseitig im Rollenspiel praktische Übungen durch, wo sie die verschiedenen Techniken und Materialien kennen lernen.
Genauso wichtig ist die frühzeitige Erkennung von Veränderungen der Mundschleimhaut, die nicht selten Vorstufen für Krebserkrankungen sind. Aber auch die Pilzinfektion eines pflegebedürftigen Prothesenträgers oder die Auswirkungen von Chemotherapie oder Bestrahlung auf die Mundhöhle sehen gerade die betreuenden ÄrztInnen und PflegerInnen häufiger als der/die ambulant tätige ZahnarztIn. Diese Kenntnisse werden in einem zweiten Teilprojekt „Mundschleimhaut-Erkrankungen“ vermittelt.
Insbesondere geht es darum, dass die Studierenden „krank“ von „gesund“ unterscheiden können und wissen, was im Falle eines suspekten Befundes zu tun ist, um keine Zeit bis zur Therapieeinleitung zu verlieren. Umgesetzt wird das in vier Vorlesungen, die nicht nur von Zahnmedizinern sondern auch von einem Dozenten aus der Pflegewissenschaft – eben interprofessionell – gehalten werden und einem interaktiven Seminar, in dem die Studierenden anhand eines „Bilderquiz“ die verschiedenen Befunde und Krankheitsbilder erkennen und diskutieren sollen.
Ideen gibt es noch viele, um den interprofessionellen Charakter der Lehrveranstaltungen auszubauen (z.B. einen komplexen Patientenfall zur Bearbeitung durch alle 3 Professionen didaktisch aufzubereiten) – allerdings dürfen hier auch die strukturellen und organisatorischen Schwierigkeiten nicht unerwähnt bleiben, die der Versuch eine neue Lehrveranstaltung in 3 verschiedenen Curricula (Medizin, Zahnmedizin, Pflegewissenschaften) zu verankern, mit sich bringt.
Zahnärztin, Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie