In der aktuellen Wettbewerbsrunde der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder ist die Clusterinitiative Constitution as Practice in Times of Transformation (ConTrans) der Universität Freiburg einen wichtigen Schritt weitergekommen. In der zweiten Runde der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder hat die Universität Freiburg im August 2024 einen Vollantrag für ConTrans als neuen Cluster eingereicht.
Moderne Verfassungen stehen im Zentrum sozio-politischer Hoffnungen und Konflikte. Oftmals als Gründungsdokumente moderner Nationalstaaten verstanden, werden sie mit Dauer und Stabilität assoziiert. Will man jedoch die Grundordnungen von Gesellschaften und Gemeinschaften über Zeit und Raum hinweg verstehen, zeigen sich Grenzen des modernen Verfassungsverständnisses. Verfassungen beruhen auf sozialen Praktiken, die sie zu einem Faktor im Prozess der Anpassung von Gesellschaftsordnungen machen. Diese Dimension wird in Zeiten wirtschaftlicher, sozialer und politischer Veränderungen und Krisen besonders deutlich, ist jedoch bislang vernachlässigt worden. Daher bedarf es eines konsequent interdisziplinären Ansatzes.
ConTrans bringt hierfür erstmalig Perspektiven aus unterschiedlichsten Disziplinen – von der Rechtswissenschaft über die Geschichtswissenschaft bis hin zur Literaturwissenschaft und Psychologie – in einem umfassenden und langfristigen Versuch zusammen, Verfassungen als soziale Praktiken zu untersuchen. Nur so lassen sich Varianten von Verfasstheit über Raum und Zeit hinweg erfassen. Sie reichen von Symbolen, Ritualen und Verfahren bis hin zur diskursiven Funktion „antiker Verfassungen“ in modernen Auseinandersetzungen. Dies erfordert einen innovativen Analyserahmen, um kommunikative und institutionelle Praktiken unterschiedlicher Akteure zu erforschen.
Das Ziel der beteiligten Wissenschaftler*innen besteht darin, über ConTrans eine internationale und interdisziplinäre Verfassungsforschung im Verbund von Geistes- und Gesellschaftswissenschaften zu etablieren und in einem Freiburg Centre for Interdisciplinary Constitutional Studies (FreiCIC) sichtbar zu machen.
Prof. Dr. Matthias Jestaedt ist Professor für Öffentliches Recht und Rechtstheorie am Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Dort ist er Direktor der Abteilung für Rechtstheorie. Er ist zudem internationaler Korrespondent des Hans Kelsen-Instituts Wien, seit 2012 auch Mitglied in dessen Vorstand. Er leitet die Hans-Kelsen-Forschungsstelle. Seit 2014 ist er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Seine Forschungsschwerpunkte sind Verfassungsrecht und Verfassungsvergleichung, europäischer Menschenrechtsschutz, Staatskirchenrecht, Rechtstheorie und Rechtswissenschaftstheorie, Kinder- und Jugendhilferecht sowie Hans Kelsen. Er ist Mitglied der „GE-Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Erzdiözese Freiburg“.
Prof. Dr. Jörn Leonhard ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas am Historischen Seminar der Philosophischen Fakultät. Er war Gründungsdirektor der School of History des Freiburg Institute of Advanced Studies (FRIAS). Für seine Arbeiten wurde er unter anderem mit dem Landesforschungspreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Seine Schwerpunkte liegen in der vergleichenden europäischen und globalen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere den Themen Krieg und Frieden, Gewalt und Politik sowie Empires und Nationalstaaten. Er ist unter anderem ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Honorary Fellow am Wadham College der Universität Oxford sowie Mitglied in den Wissenschaftlichen Beiräten des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart und des Deutschen Historischen Instituts London. Er leitet derzeit das Forschungsprojekt „Die Krise der Welt, 1918-1941“, gefördert durch das Opus Magnum-Programm der Volkswagenstiftung und erhielt 2024 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis.
Prof. Dr. Sitta von Reden ist Professorin für Alte Geschichte am Historischen Seminar der Philosophischen Fakultät. Sie lehrt zusätzlich am University College Freiburg und im Masterstudiengang Interdisziplinäre Anthropologie. Sie ist Projektleiterin des vom European Research Council mit einem ERC Advanced Grant geförderten Projekts „Beyond the Silk Road“. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören neben griechischer Geschichte die antike Wirtschafts- und Globalgeschichte, das hellenistische Ägypten und die politische Kultur Griechenlands und Athens sowie die vergleichende Geschichte antiker Imperien.