Freiburg, 28.02.2025
Zum 1. Januar 2025 wurde Dr. Brian Moser zum Juniorprofessor für Experimentelle Teilchenphysik ernannt. Im Interview erzählt er, was ihn an der Teilchenphysik begeistert, was ihn außerhalb seiner Forschung beschäftigt und auf welche badischen Spezialitäten er sich besonders freut.
Was begeistert Sie an Ihrer Forschung?
Die Teilchenphysik versucht, die fundamentalen Bausteine der Natur zu bestimmen und in einem „Standardmodell“ zu beschreiben. Das 2012 am Forschungszentrum CERN entdeckte Higgs-Teilchen spielt dabei eine zentrale Rolle und ist mit vielen offenen Fragen der modernen Physik verbunden. Gleichzeitig sind die Eigenschaften dieses einzigartigen Teilchens noch nicht zufriedenstellend gemessen worden: ideale Voraussetzungen für einen experimentellen Teilchenphysiker wie mich. Mit meiner Forschung lege ich das Higgs-Teilchen sprichwörtlich unter das Mikroskop, um seine wahre Natur herauszufinden – das macht viel Spaß. Darüber hinaus faszinieren mich auch die scheinbaren Widersprüche des Feldes. Zum Beispiel, dass es die größten Forschungsanlagen benötigt, um die kleinsten Bausteine der Natur zu vermessen, oder dass tausende von Physiker*innen an einem gemeinsamen Projekt arbeiten können, ohne sich die Köpfe einzuschlagen.
Falls Ihre Forschung Ansatzpunkte bietet: Welche Lösungsansätze finden Sie in Ihrer Forschung für Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft?
Ich betreibe physikalische Grundlagenforschung. Diese hat meist keine direkte Auswirkung auf unser alltägliches Leben außer dem Erkenntnisgewinn selbst. Allerdings bildet Grundlagenforschung das Fundament für Innovationen, Anwendungen und neue Technologien, die oft erst Jahrzehnte später stattfinden. Sie ist für den Fortschritt in unserer Gesellschaft unabdingbar. Die Glühbirne, zum Beispiel, wurde nicht erfunden, weil man gezielt versucht hat, Kerzen zu verbessern. Fast dreihundert Jahre an Erkenntnisgewinn im Bereich des Elektromagnetismus von Gilbert über Ampère, Faraday und Maxwell waren nötig, bis Edison 1880 das Patent für die Glühbirne anmeldete.
Was möchten Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben und was nehmen Sie selbst aus der Lehre mit?
Arbeitet miteinander. Die Zeiten des einsamen Genies, das isoliert vom Rest der Welt die Wissenschaft revolutioniert, sind vorbei (falls es sie jemals gegeben hat). Moderne Wissenschaft lebt von Zusammenarbeit und Vielfalt. Wenn Menschen mit unterschiedlichen Talenten ihre Kräfte bündeln, kann Großartiges entstehen. Die Lehre zwingt mich, physikalische Konzepte anschaulich und kohärent zu erklären, was oft mein eigenes Verständnis des Stoffs vertieft. Bisher erlebe ich die Studierenden in Freiburg als enthusiastisch und neugierig, was mich selbst motiviert und inspiriert.
Welche Themen beschäftigen Sie aktuell persönlich am meisten außerhalb Ihrer Forschung?
Ich lese zurzeit „The Demon-Haunted World: Science as a Candle in the Dark” von Carl Sagan und denke viel darüber nach, wie wir Desinformation und Populismus entgegenwirken und die wissenschaftliche Methode als „Goldstandard“ einer breiten Bevölkerung näher bringen können. Darüber hinaus beschäftigen mich umzugsbedingt momentan noch die wirklichen Mysterien des Universums: Meldeamt, Versicherungen, Internetanschluss, Möbellieferzeiten…
Auf was freuen Sie sich in Freiburg besonders?
Ich bin in Elzach, unweit von Freiburg, aufgewachsen und habe an der Universität Freiburg studiert. Deswegen freue ich mich erst einmal besonders, zurück in die Heimat zu kehren. Nach sieben Jahren im Ausland genieße ich auch endlich wieder häufiger badische Kulturgüter wie Flädlesuppe, Spätzle oder Brägele. Beruflich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den anderen Gruppen am Physikalischen Institut, um die Teilchenphysik als eines der Aushängeschilder der Universität Freiburg weiter zu stärken.