Bericht über einen Scientific Retreat im Rahmen vom FACE
Was ist unter Kompetenzorientierung zu verstehen?
Welche Prüfungsformate und Aufgabenstellungen sind kompetenzorientiert?
Wie können gezeigte Leistungen kompetenzorientiert bewertet werden?
Wie kann kompetenzorientiertes Prüfen lernförderlich gestaltet werden?
Diese Fragen treten oft bei Lehrenden im Rahmen kompetenzorientierter Prüfungsgestaltung auf – so auch in der aktuellen Neugestaltung der Lehrerbildung. Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, arbeiteten elf Lehrende der Albert-Ludwigs-Universität und Pädagogischen Hochschule Freiburg in einem Scientific Retreat am 2. und 3. März 2017 unter Anleitung von Prof. Dr. Niclas Schaper (Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Paderborn und 2. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik) an der konkreten Konzeption kompetenzorientierter Prüfungsformate in Lehrveranstaltungen der Lehrerbildung.
Nach einer Einführung in kompetenzorientiertes Prüfen – bei welcher die Wichtigkeit des Prüfens für den Lernprozess der Studierenden deutlich wurde – warf Herr Schaper die Frage nach den Lernergebnissen auf, sprich „Was soll geprüft werden?“ (im Sinne des Rahmenmodells des Prüfens in der Hochschullehre von Metzger & Nüesch, 2004). Diese Frage wurde von den Teilnehmenden individuell für die eigene Lehrveranstaltung beantwortet, indem sie Lernergebnisse formulierten, die fachbezogene und fachübergreifende Kompetenzaspekte mit einbezogen und Indikatoren beschrieben, die kenntlich machten, inwiefern das Lernergebnis von den Studierenden erzielt wurde.
Im Anschluss diskutierten die Teilnehmenden über die Frage „Wie soll geprüft werden?“. Dabei wurden unterschiedliche Prüfungsformate und Aufgabenstellungen in den Blick genommen und inwiefern diese den Kompetenzerwerbsstand überprüfen können. Bei der Anwendung des Gelernten auf die eigene Lehrveranstaltung wurde deutlich, welche Vielfalt es an Prüfungsszenarios geben kann. Beispielsweise werden in den Sportwissenschaften Kompetenztests eingesetzt, bei denen Studierende bei Kommiliton/-innen Fehler während der Durchführung bestimmter Sportarten identifizieren und diese lernförderlich rückmelden sollen. In den Sprachwissenschaften wenden Studierende ihren gelernten Wortschatz in einem Kompetenztest in Form eines Dialogs mit Kommiliton/-innen an.
Der nächste Schritt bestand darin die Frage „Wie soll bewertet werden?“ zu bearbeiten. Für die jeweiligen Lehrveranstaltungen wurden dazu Kriterien formuliert, die zur Bewertung der gezeigten Leistung im zuvor entwickelten Prüfungsszenario herangezogen werden. Zur präziseren Einschätzung der gezeigten Leistung stuften die Teilnehmenden die Kriterien im Anschluss. In diesem Zusammenhang wurde die Relevanz von Beurteilungsraster (sog. Rubrics) deutlich. Im weiteren Verlauf des Scientific Retreats wurde über die Funktion von Prüfungen und die Wechselwirkung zwischen Prüfen und dem Lernverhalten diskutiert. Abschließend setzten sich die Teilnehmenden unter Anleitung von Herrn Schaper mit der Rückmeldung von Prüfungsergebnissen an Studierende auseinander und erkannten dabei welche essentielle Rolle eine lernförderliche Rückmeldung für den Kompetenzerwerb spielen kann.
Den Teilnehmenden wurde während des Scientific Retreats deutlich, dass eine kompetenzorientierte Prüfung von Anfang an mitzudenken ist und nicht erst kurz vor dem Prüfungszeitraum konzipiert werden sollte, wie es laut einer Studie von Schindler et al. (2015) 71 % der Lehrenden tun. Zudem ist die Entwicklung von kompetenzorientierten Prüfungsformaten ein andauernder Prozess: Bei der ersten Durchführung einer Lehrveranstaltung kann und muss die Prüfung nicht perfekt gestaltet sein. Die Evaluation der Studierenden sowie Qualitätssteigerungsschleifen optimieren Prüfungsformate kontinuierlich. Diese Aussage des Experten entlastet und ließ die Teilnehmenden optimistisch-realistisch ins neue Semester starten.
Alle, die gerne einen Einblick in kompetenzorientiertes Prüfen erhalten möchten, finden in der HRK nexus Broschüre „Kompetenzorientiert prüfen“ Anregungen dazu.
Quellenangaben: