Der Comenius-EduMedia-Award ist ein Lehrpreis, der seit 1995 von der Gesellschaft für Pädagogik, Information und Medien e. V., kurz GPI, verliehen wird. Ausgezeichnet und gefördert werden didaktische Multimediaprodukte, die von der GPI als pädagogisch, inhaltlich und gestalterisch herausragend bewertet werden. Dabei werden die Comenius-Medaille und das Comenius-Siegel jährlich verliehen. Unregelmäßig können zudem Sonder- und Förderpreise von der Jury vergeben werden.
Für ihren kosmic-Kurs „Allgemeine und Anorganische Chemie für Studierende der Biologie, Ingenieur- und Umweltwissenschaften“ erhielt Manuela Kugler, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Freiburg im Bereich E-Learning, das Comenius-EduMedia-Siegel. kosmic steht für „Kompetenzorientierte Online-Selbstlernangebote für Mathematik, Interkulturalität, Chemie und Biologie“ und ist eine Online-Lernplattform für Studienanfängerinnen und Studienanfänger an der Universität Freiburg. Auf dieser werden Online-Kurse angeboten, über die Studierende Grundlagen im mathematischen und chemischen Bereich auffrischen können. Internationale Studierende profitieren ebenfalls, denn die Kurse erleichtern den Einstieg in die deutsche Universitätslandschaft. kosmic-Angebote stehen über die Selbstregistrierung auch Personen ohne Uni-Account, wie etwa Studieninteressierten, zur Verfügung.
Gegenwärtig entsteht im Rahmen des Projektes 4D ein neues E-Learning Modul im Bereich der Biologie, an dem auch Frau Kugler beteiligt ist. Im Rahmen eines Interviews sprach sie über diesen für sie ganz besonderen Preis, die Konzeption ihres E-Learning-Kurses und welche weiteren Projekte in Zukunft geplant sind
TB: Was können Sie mir allgemein zur Preisverleihung des Comenius-EduMedia-Siegel erzählen?
MK: Pandemiebedingt war die Preisverleihung sehr reduziert. Statt den Preis alleine entgegenzunehmen, entschied ich mich für die Teilnahme an der digitalen Veranstaltung und für die Zusendung des Preises via Postweg.
TB: Wie war der Ablauf der Bewerbung?
MK: Weil wir eine E-Learning-Plattform sind, habe ich den zuständigen Personen Test-Accounts freigeschaltet. Damit konnten sie sich alles anschauen und sich ein Bild von der E-Learning Einheit machen. Wie ist der Aufbau? Wie ist die Struktur? Dann wurde alles in einer Digitalbewerbung zusammengefasst, in der wir unter anderem erklärt haben, was die kosmic Lernplattform ist und was wir damit überhaupt erreichen wollen. Anschließend habe ich noch ein oder zwei Telefongespräche geführt und wurde dabei gefragt, ob es bereits Publikationen dazu gibt, und die gibt es in der Tat. Bisher haben wir drei digitale Publikationen in der Biochemie, Organischen und Physikalischen Chemie veröffentlicht. An drei weiteren wird aktuell gearbeitet. Insgesamt empfand ich das Bewerbungsverfahren als sehr übersichtlich und die Menschen bei Comenius waren auch immer gut für Rückfragen erreichbar.
TB: Was können Sie mir über Ihren kosmic-Kurs sagen?
MK: Der Kurs ist für Studienanfänger*innen als Support für den Einstieg gedacht. Es ist ja so, dass man in der Regel von der Schule kommt, wo Chemie kein Pflichtfach ist. Für naturwissenschaftliche Studiengänge braucht man die Kompetenzen in Chemie aber. Zum Beispiel hat man im Biologiestudium vier Semester Chemie. Angenommen, man hatte das Fach zuvor nicht oder nur als Nebenfach im Abitur, während andere Studierende es als Leistungskurs hatten. Die Vorbildungsniveaus sind dadurch einfach sehr, sehr unterschiedlich. Aber die Vorlesungen starten direkt für alle und wer vorher kein Schulfach Chemie hatte oder sich dabei schwergetan hat, muss den Rückstand in sehr kurzer Zeit direkt aufholen. Und es ist schwierig da hinterherzukommen, insbesondere, wenn man gar keine Vorbildung im Bereich Chemie hat. Und für diese Klientel war der Kurs gedacht. Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, entweder in kleinen Schritten von null anzufangen oder das bereits vorhandene Schulwissen aufzufrischen, um so möglichst schnell auf den nötigen Stand zu kommen und mit der Vorlesung mithalten zu können.
TB: Nach welcher Idee ist der Aufbau des Kurses strukturiert?
MK: Einerseits habe ich mir den Lehrplan Baden-Württemberg für Chemie bis zur Oberstufe angeguckt und versucht, den Inhalt in sinnvolle Bereiche zusammenzufassen. Dazu kam dann noch eine Kombination aus verschiedener Literatur und Lehrvideos. Zusammen hat das dann das Gerüst für den Grundkurs gebildet. Es war also eine Mischung unterschiedlicher Komponenten. Die Aufbaukurse orientieren sich wiederum an der Struktur der jeweiligen Vorlesungen und Tutorate.
TB: Gibt es denn Ihrerseits Pläne, in nächster Zukunft ein neues Projekt einzureichen?
MK: Nun, innerhalb des Projektes 4D bauen wir gerade ein Projekt auf, das Prinzipien der Biologie heißt. Wenn das soweit ist, würde ich das wahrscheinlich auch einreichen, aber das dauert noch ungefähr zwei Jahre. Im Endeffekt geht es dabei darum, dass man vom reinen Auswendiglernen grandios großer Stoffmengen wegkommt und sich hin zu konzeptorientiertem Lernen bewegt. Es gibt wiederkehrende Konzepte und Prinzipien in der Biologie und wenn man diese erst einmal verstanden hat, dann erkennt man sie auch in den unterschiedlichen Fachdisziplinen der Biologie wieder. Ein Beispiel wäre das Schlüssel-Schloss-Prinzip. Das kommt auf der Enzymebene bis zu botanischen Strukturen und Formen vor. Oder die Oberflächenvergrößerung, die man bei Blättern, die möglichst viel Sonnenlicht aufzunehmen versuchen, ebenso findet wie im Gehirn oder in Magen und Darm. Wenn man Studierenden unterschiedliche Phänomene auf Grundlage dieser wiederkehrenden Prinzipien näherbringt, vermittelt man ihnen konzeptionelles, vernetztes und auch etwas fächerübergreifendes Denken. Die Idee dahinter ist, auf diese Weise das „Big Picture“ der Biologie sehen zu können.
TB: Das bedeutet, das Projekt richtet sich hauptsächlich an Biologie-Studierende?
MK: Genau. Und das Chemie-Projekt vorher richtete sich eben an viele unterschiedliche Studiengänge, bei denen Chemiekenntnisse verlangt werden. Das sind mit Biologie, Umwelt- und Naturwissenschaft, Molekularmedizin, Pharmazie, Pharmazeutischen Wissenschaften und Ingenieurswissenschaften ganz schön viele.
TB: Zurück zum Comenius-EduMedia-Siegel. Was bedeutet Ihnen dieser Preis?
MK: Es ist eine schöne Wertschätzung, weil E-Learning für mich damals ein Quereinstieg war. Außerdem erhalten wir damit eine Bestätigung für die Qualität des Kurses. Ich empfand es als sehr schön zu sehen, dass die eigene Arbeit einen Nutzen hervorgebracht hat, gerade weil ich mich als Quereinsteigerin in sehr vieles in kurzer Zeit einarbeiten musste. Da hat mich der Preis dann sehr supportet und ich habe mich dadurch sehr wahrgenommen gefühlt. Im Nachhinein ist es natürlich auch schön, dass der Preis eine gute Referenz für Menschen darstellt, die vielleicht dieses Siegel kennen. Wenn sie dann wissen, dass der Chemie-Kurs von Kosmic das erhalten hat, fällt es leichter, den Kurs qualitativ einzuordnen. Und weil es mein erster Preis war, bin ich persönlich natürlich auch sehr stolz und freue mich darüber.
TB: Vielen Dank für das Interview!
Frau Kugler studierte von 2009 bis 2015 Biologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und ist vor ihrem Quereinstieg ins E-Learning als Senior Project Management Officer im Bereich Pharmadatenforschung tätig gewesen. Einige von Ihnen kennen Frau Kugler vielleicht auch als DJane Ella Stracciatella.