Die Absolvent:innen-Befragung 2021/22 ist abgeschlossen, die Daten wurden aufbereitet und die Ergebnisse an die Fächer rückgemeldet. Wie üblich gab es auch bei dieser Befragung große Schwankungen in der Antworttendenz über das gesamte Spektrum der Skalen (Antwortmöglichkeiten von „Sehr gut“ (1) bis „Sehr schlecht“ (5)). Doch was auf den ersten Blick eine negative Bewertung ist, muss nicht auch direkt von einem verbesserungswürdigen Aspekt des Studiums und der Lehre zeugen. Umgekehrt müssen stark positive Ergebnisse beispielsweise nicht für alle Absolvent:innen und alle Fächer gelten oder diese können Hinweise auf einen Umstand liefern, der eigentlich nicht gewünscht ist. In diesem Artikel sollen verschiedene Interpretationswege an zwei Beispielen ausgeführt und so zu einer kritischen Betrachtung der Werte angeregt werden.
Ein Beispiel für einen solchen Wert, der zunächst negativ scheint, jedoch anders interpretiert werden kann, ist bei einer Frage in Fragegruppe VII „Praxis- und Berufsbezug“ zu finden: „Wie beurteilen Sie die folgenden praxis- und berufsbezogenen Elemente in Ihrem 1. Hauptfach?“. Die Absolvent:innen der Prüfungsjahrgänge 2020 und 2021 bewerteten das Item „Unterstützung bei der Suche geeigneter Praktikumsplätze“ mit einem Mittelwert von 3,7 niedrig.
Auch wenn dieses berufsbezogene Element negativ bewertet wurde, lässt diese Ausprägung auch positive Interpretationen zu: Beispielsweise kann geschlussfolgert werden, dass Lehrende die Eigenständigkeit und die Fähigkeit zur Autonomie bei den Studierenden stärken wollen. Die selbstständige Suche nach einem Praktikumsplatz fördert die Studierenden dabei, sich sicher und selbstbewusst auf dem Arbeitsmarkt bewegen zu lernen. Diese Fähigkeit kommt den Studierenden spätestens dann zu Gute, wenn sie ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben und als Absolvent:innen passende berufliche Tätigkeiten suchen. Diese Interpretationsmöglichkeit wird auch von den Antworten der Frage „In welchem Ausmaß hat Ihr Studium die folgenden Kompetenzen / Fähigkeiten gefördert?“ gestärkt: Mit einem Mittelwert von 1,7 bewerteten die Absolvent*innen die Fähigkeit, eigenständig zu arbeiten, als sehr stark im Studium gefördert.
Eine geringe Unterstützung durch die Lehrenden bei der Organisation eines Praktikumsplatzes kann daher vielleicht sogar wünschenswert und in seiner Konsequenz für die Studierenden oder späteren Absolvent:innen positiv konnotiert und ein Alleinstellungsmerkmal des Studiums an einer Universität sein.
In der Fragegruppe XI „Weiteres Studium“ lässt sich ebenfalls ein Beispiel für solch ein ambivalentes Ergebnis finden. Dass Absolvent:innen nach ihrem Studium ein weiteres Studium in einer anderen Stadt aufnehmen, aus Freiburg wegziehen und damit die Universität verlassen wollen, ist aus einigen Gründen nachvollziehbar, aber dennoch sehr schade. Wenn die Absolvent:innen in der Befragung nun also angaben, nach ihrem Abschluss an der Universität Freiburg noch ein weiteres Studium an einer anderen Hochschule aufgenommen haben, so wurden sie zu den Gründen dieses Wechsels befragt. Die Frage „Wie wichtig waren folgende Aspekte bei Ihrer Entscheidung, Ihr weiteres Studium nicht an der Universität Freiburg aufzunehmen?“ ergab u.a. folgende Ergebnisse:
Bei den Gründen, wieso das weitere Studium nicht an der Universität Freiburg aufgenommen wurde, gaben die Absolvent:innen bei „Fachlicher Schwerpunkt des Studiengangs an der Universität Freiburg passte nicht“ relativ hohe Werte an (Mittelwert 1,9). Im Vergleich dazu hat „Bessere Ranking-Ergebnisse der anderen Hochschule“ lediglich einen Mittelwert von 3,9 und „Fehlende Zulassung an der Universität Freiburg“ lediglich einen Mittelwert von 4,5. Dies bedeutet, dass die Tatsache, dass Absolvent:innen ein weiteres Studium an einer anderen Hochschule aufgenommen haben, nicht unmittelbar mit dem Erleben des ersten Studiums in Freiburg in Verbindung zu bringen ist. Die besseren Ranking-Ergebnisse der anderen ausgewählten Hochschule war für die wechselnden Absolvent*innen von geringer Relevanz. Ebenso wenig lag der Wechsel daran, dass die Universität ihren Absolvent*innen keinen Studienplatz in einem weiterführenden Studium eröffnen konnte. Stattdessen lag der Wechsel eher an dem fachlichen Schwerpunkt, den die Absolvent*innen nach ihrem Studium an der Universität Freiburg setzen wollten bzw. an dem generellen Wunsch, die Hochschule für das weitere Studium wechseln zu wollen, wie Frage 11.16 mit einem Mittelwert von 2,3 zeigt. Es kann möglicherweise auch hier daran liegen, dass die ehemaligen Studierenden der Universität Freiburg besonders weltoffen und selbstbewusst aus ihrem ersten Studium gingen und zielstrebig weitere Erfahrungen an anderen Studienorten machen wollten, um im späteren Arbeitsmarkt möglichst breit aufgestellt zu sein.
Letztlich kann jeder Lehreinheit nur geraten werden, ihre Ergebnisse im eigenen Kontext zu interpretieren. Besonders vor dem Hintergrund, dass nicht alle Fragen und damit auch Zahlen für die Gesamtheit an Fachbereichen der Universität relevant sind, sollten eben diese ihren Fokus selbst setzen, um damit Anregungen für eine kontinuierliche Verbesserung der Lehre und des Studiums an der Universität Freiburg zu erhalten.
Alle Berichte sind unter Zentrale Befragungen auf der Homepage des Geschäftsbereichs Qualitätsmanagement & Akkreditierung zu finden.