Siegelement der Uni Freiburg in Form einer Blume

Mental Health, Stipendien, Karrierecoaching: Beratung für Promovierende

Freiburg, 03.03.2025

Das Graduate Centre (GraCe) der Universität Freiburg ist die zentrale Anlaufstelle für Promovierende. Im Interview gibt das Team Einblicke in die verschiedenen Beratungsangebote und erklärt, warum Ratsuchende keine Hemmungen haben sollten, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ein Mann sitzt in einer Bilbiothek und macht sich Notzizen.
Symbolbild. Foto: chamroeun4492

Welche Services bietet GraCe den Promovierenden?

Dr. Silke Knaut: GraCe stützt sich neben Angeboten zur finanziellen Förderung im Wesentlichen auf zwei Säulen. Das ist einmal die Qualifizierung von Promovierenden, durch ein umfangreiches Weiterbildungsangebot für die unterschiedlichen Phasen der Promotion. Die andere Säule ist die individuelle Beratung und das Coaching von Promovierenden und Promotionsinteressierten. Zudem ist bei uns die Ombudsstelle zur Lösung von Konflikten im Betreuungsverhältnis angesiedelt und wir bieten gezielte Karrierecoachings an.

Wie werden Ihre Angebote angenommen und wie hoch ist der Bedarf?

Knaut: An der Universität gibt es rund 5.000 Promovierende und unsere Angebote sind gut nachgefragt. Trotzdem können wir im Normalfall Beratungstermine ohne längere Wartezeiten anbieten, insbesondere bei dringenden Anliegen.

Zu welchen Themen beraten Sie Promotionsinteressierte und Promovierende?

Minkus Teske: In der allgemeinen Promotionsberatung geht es um die Grundfragen: Soll ich promovieren und wenn ja, wie? In welcher Form? Denn es gibt verschiedene Wege zur Promotion. Dazu gehören auch organisatorische Fragen zum Annahmeverfahren oder der Immatrikulation. Zudem berate ich rund ums Thema Fördermöglichkeiten zur Finanzierung der Promotionszeit, beispielsweise zu Stipendien. Gemeinsam mit den Promotionsinteressierten schaue ich dann ganz individuell, auf welche Förderungen sie sich gezielt mit ihrem Werdegang bewerben können. Auch während der Promotion gibt es immer wieder Fragen zur Finanzierung von Reisekosten, von Forschungsaufenthalten bis hin zu Druckkosten.

Dr. Tina Lampe: Dazu kommt das Ombudsverfahren bei Konflikten während der Promotionszeit. Zudem organisieren wir Coachings mit externen Coaches und bieten ein Karrierecoaching an, das wir im Juni 2024 neu eingeführt haben. Das Karrierecoaching ist für mich eine Herzenssache und ich finde es toll, dass die Universität es Promovierenden in der finalen Promotionsphase ermöglicht, gemeinsam zu überlegen: Was will ich eigentlich danach machen?

Gesellschaftlich hat sich der Bedarf an Beratungsangeboten im Bereich der psychischen Gesundheit verstärkt. Inwiefern merken Sie das und wie gehen Sie darauf ein?

Dr. David Willmes: Themen rund um psychisches Wohlbefinden spielen eine große Rolle in unserer Beratung. Dazu zählen etwa Motivationsprobleme, Selbstzweifel, Einsamkeit und Isolation. Nicht nur die Anzahl der Anfragen, sondern auch die Tiefe der Themen hat sich verändert. Mental Health beschäftigt uns sehr, denn Promovierende stehen unter einem besonders hohen Risiko der psychischen Belastung.

Portraitbild Dr. David Willmes

„Themen rund um psychisches Wohlbefinden spielen eine große Rolle in unserer Beratung. Dazu zählen etwa Motivationsprobleme, Selbstzweifel, Einsamkeit und Isolation. Mental Health beschäftigt uns sehr, denn Promovierende stehen unter einem besonders hohen Risiko der psychischen Belastung.“

Dr. David Willmes

Graduate Centre, Universität Freiburg

Warum ist die Gruppe der Promovierenden besonders gefährdet?

Willmes: Es gibt bestimmte Belastungsfaktoren für Promovierende im Vergleich zu Menschen, die ähnlich qualifiziert sind, aber außerhalb einer akademischen Institution arbeiten. Belastungsfaktoren wie ein hoher Bewertungs-, Leistungs- und Zeitdruck, auch verbunden mit einer häufig befristeten Beschäftigung bei gleichzeitig großer Abhängigkeit von bestimmten Personen. Hinzu kommen unsichere Karriereperspektiven.

Es gibt auch persönliche Belastungsfaktoren, die dazu beitragen können. Zum Beispiel perfektionistisches Verhalten und eine zu hohe Identifikation mit dem Promotionsprojekt. Das kann dazu führen, dass andere Lebensbereiche vernachlässigt werden. Auch in Verbindung mit fehlenden Erholungszeiten kann sich dann die mentale Gesundheit verschlechtern.

Der Schritt, sich bei persönlichen Problemen oder Konflikten während der Promotion an eine Beratungsstelle wie GraCe zu wenden, ist bestimmt nicht für alle Betroffenen einfach.

Willmes: Ich kann dahingehende Bedenken gut verstehen, die teilweise mit den weitgehenden Abhängigkeitsverhältnissen im Wissenschaftssystem zu tun haben. Promovierende befürchten dann zum Beispiel, dass sie eine schlechte Bewertung von Betreuenden bekommen oder ihr Vertrag nicht verlängert wird, wenn sich herausstellt, dass sie uns von einem Konflikt im Betreuungsverhältnis berichtet haben. Und um das direkt zu entkräften: Alle Ansprechpersonen im zentralen Ombudsverfahren sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, das ist die Basis unserer Beratungsarbeit. Ohne das ausdrückliche Einverständnis der Ratsuchenden werden Informationen nicht weitergegeben. Das Verfahren liegt also zu jeder Zeit in der Hand derjenigen, die bei uns Hilfe suchen. Um die Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten, ist das Verfahren übrigens zweistufig aufgebaut: Tina Lampe und ich sind in der Regel die ersten Ansprechpersonen in der Geschäftsstelle – und auch wir arbeiten weisungsunabhängig. In einem zweiten Schritt kann eine professorale Ombudsperson hinzugezogen werden und, sofern gewünscht, Kontakt mit anderen Betroffenen aufnehmen sowie eine Aussprache moderieren. Natürlich können die Ombudspersonen auch direkt, also ohne vorhergehenden Kontakt mit Tina Lampe oder mir angesprochen werden.

Lampe: Alle unsere Beratungsangebote sind streng vertraulich – Ratsuchende brauchen keine Angst zu haben, dass etwas nach außen dringt. Natürlich möchten wir, dass die Promovierenden frühzeitig mit ihren Problemen und Konflikten zu uns kommen, weil diese besser gelöst werden können, wenn die Eskalationsstufe niedrig ist.

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Promovierende

gibt es an der Universität Freiburg

Welches Feedback bekommen Sie und was motiviert Sie besonders?

Teske: Die Personen, die zu uns kommen, sind selbstverständlich alle unterschiedlich und bringen ganz verschiedene Hintergründe mit. Jeden Lebensweg ganz individuell zu betrachten und in der Beratung darauf einzugehen, empfinde ich als eine sehr erfüllende Tätigkeit. Wenn die Personen sich dann nach einem Jahr wieder bei mir melden und überglücklich erzählen, dass es mit einem Stipendium nun endlich geklappt hat, dann freut mich das natürlich ganz besonders.

Willmes: Ich möchte gerne Marshall Rosenberg zitieren. Er hat gesagt, er glaube, dass Menschen eigentlich nichts mehr genießen, als zum Wohlergehen anderer beizutragen. Das glaube ich auch. Und ich finde es sehr wertvoll, dass ich immer etwas lerne von den Menschen, die mir gegenübersitzen.Ich möchte wirklich wissen, wie es der Person geht, wie es in ihr aussieht, in ihre Welt eintauchen. Das erfahren zu dürfen, empfinde ich als bereichernd.

Lampe: Das Feedback ist sehr motivierend. Zum Beispiel hatte ich eine Klientin, die zu mir gesagt hat, dass sie nicht mehr am Promovieren wäre, wenn sie nicht mir gesprochen hätte. Grundsätzlich geht es aber darum, was das Beste für die einzelne Person ist – und das kann manchmal auch der Abbruch der Promotion sein.

Knaut: Wir haben eine ganz tolle Zielgruppe. Das sind interessante, sehr motivierte und engagierte Personen mit Vorstellungen und Zielen, die sie erreichen wollen. Es macht wahnsinnig viel Spaß, ihnen verschiedene Services anzubieten und die Rahmenbedingungen an der Universität weiterzuentwickeln.

Welche Ziele verfolgen Sie aktuell mit GraCe?

Knaut: Wir beschäftigen uns laufend mit der Frage, welche Themen wir neu aufgreifen können und wie wir die Rahmenbedingungen für Promovierenden verbessern. Seit Jahren beobachten wir, dass Übergangsphasen zwischen dem Masterabschluss und der Promotion sowie der Promotion zum Postdoc immer wieder finanzielle Unterstützung benötigen. Wir wissen, dass es deutschlandweit so gut wie keine Abschlussfinanzierungen für Promotionsprojekte gibt und dass immer noch davon ausgegangen wird, dass drei Jahre ausreichen. Im Schnitt dauert diese Phase jedoch um die fünf Jahre, was mit Finanzierungslücken und damit auch immer wieder mit Unsicherheiten verbunden ist. Unser Anliegen ist es, für diese Lücken etwas anbieten zu können. Zudem ist uns die Vernetzung der Promovierenden sehr wichtig und wir bieten dazu verschiedene Veranstaltungen an, wie das Willkommensevent Doc on! oder das Sommerfest Doc Hock. Neu hinzugekommen ist ein zweitägiges Retreat für Promovierende, das Anfang Mai 2025 stattfindet.

Graduate Centre

Das Graduate Centre (GraCe), ehemals Internationale Graduiertenakademie (IGA), bietet Promovierenden überfachliche Beratung, Qualifizierung und finanzielle Förderung. Geleitet von Dr. Silke Knaut, beraten Dr. Tina Lampe, Dr. David Willmes und Minkus Teske und weitere Kolleg*innen die Promovierenden.

Das GraCe-Sommerfest zur Vernetzung findet am 19. September 2025 statt und das Willkommensevent für neue Promovierende Doc on! am 27. Mai 2025. Außerdem ist für den 5. und 6. Mai 2025 erstmals ein Retreat für alle Promovierenden im Schwarzwald geplant.

Portraitbild Dr. David Willmes

Dr. David Willmes

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Minkus Teske

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