Freiburg, 11.11.2024
In den vergangenen Wochen ist es an der Universität Freiburg rund um zwei Veranstaltungen zu Ereignissen gekommen, die in der Öffentlichkeit, insbesondere in den Sozialen Medien, von falschen Darstellungen und Behauptungen begleitet waren. Diese korrigiert die Universität Freiburg mit der folgenden Stellungnahme.
Am 18. Oktober 2024 musste das Englische Seminar einen Vortrag zum Thema „Einführung in die Antisemitismuskritik: Das Werk Jean Amérys“ absagen, den das Seminar gemeinsam mit dem Freiburger Bündnis gegen Antisemitismus geplant hatte. Kurz vor Veranstaltungsbeginn waren Hinweise eingegangen, die Fragen zu einer sicheren Durchführung aufwarfen. Eine eingehende Prüfung der Lage war unter den gegebenen Umständen nicht mehr möglich. Die Universität Freiburg und das Englische Seminar bedauern sehr, dass der Vortrag vor diesem Hintergrund nicht stattfinden konnte.
In der Öffentlichkeit wurde unter anderem behauptet, dass die Universität Freiburg den Vortrag untersagt oder den Raum entzogen habe. Dies ist nicht korrekt. Fakultäten und Seminare sind – ganz im Sinne der Freiheit von Forschung und Lehre – eigenverantwortlich und eigenständig in ihrer Planung und Durchführung von Veranstaltungen. Diese Freiheit von Forschung und Lehre ist ein wesentlicher Bestandteil unserer universitären Kultur, unserer demokratischen Gesellschaft und unseres staatlichen Auftrags. Sie zu schützen ist ein zentrales Anliegen der Universität Freiburg. Darüber hinaus ist die Behauptung nicht korrekt, dass die abgesagte Veranstaltung von der Rektorin oder von anderen Mitgliedern der Universitätsleitung „im Nachgang unter vier Augen als übereilt und falsch eingestuft wurde“, wie es das Freiburger Bündnis gegen Antisemitismus in seinem Offenen Brief vom 27. Oktober 2024 formuliert. Diese Aussage ist für uns nicht nachvollziehbar. Weder die Rektorin Prof. Dr. Kerstin Krieglstein noch ein anderes Mitglied der Universitätsleitung war an einem solchen behaupteten Gespräch beteiligt. Entsprechend irritiert sind wir über diese Äußerung und haben das Freiburger Bündnis gegen Antisemitismus hierzu um Aufklärung gebeten. Im Umfeld der Veranstaltung hat zudem ein Mitglied der Universität Freiburg eine Bedrohung erfahren. Der Fall ist den zuständigen Ermittlungsbehörden zur Kenntnis gebracht worden. Mit Nachdruck betonen wir, dass es für Bedrohungen ebenso wie jegliche andere Form von Gewalt und Gewaltandrohung keinerlei Toleranz an der Universität Freiburg gibt.
Für den 24. Oktober 2024 musste die Universität Freiburg aus rechtlichen Gründen eine Raumanfrage ablehnen, die ein Referat der Verfassten Studierendenschaft in Kooperation mit einer studentischen Gruppe für eine Veranstaltung gestellt hatte. Alle Veranstaltungen von Studierenden, die über die Verfasste Studierendenschaft bei der Universität Freiburg angemeldet werden, müssen die gesetzlichen Vorgaben gemäß § 65 Landeshochschulgesetz für Baden-Württemberg erfüllen.Das heißt etwa, dass sie die politische Neutralität der Verfassten Studierendenschaft wahren müssen. Das war hier nicht der Fall, wie eine eingehende rechtliche Prüfung ergab.
Auch hierzu und zu den darauffolgenden Ereignissen hat es falsche Darstellungen in der Öffentlichkeit gegeben. Unter anderem wurde behauptet, dass es sich um ein Verbot der Veranstaltung durch die Universität gehandelt habe. Dies ist nicht korrekt. Die angemeldete Veranstaltung konnte wie beschrieben nicht stattfinden, da sie die notwendigen gesetzlichen Vorgaben des § 65 Landeshochschulgesetz für Baden-Württemberg nicht erfüllte.
Nach der Absage des Raumes hatte sich am Abend des 24.10.2024 vor dem angefragten Raum im KG III eine Gruppe von rund 25 Personen versammelt. Allem Anschein nach wollte sie die geplante Veranstaltung im Treppenhaus durchführen – sie führte einen Beamer mit sich – und dagegen protestieren, dass die Veranstaltung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nicht stattfinden konnte. Dies geschah unter anderem mit Einsatz eines Megafons, über das kontinuierlich Parolen gerufen wurden, die von Sprechchören der Gruppe unterstützt wurden.
Die Universität Freiburg suchte daraufhin das Gespräch mit der Gruppe und bat sie, das Gebäude zu verlassen. Auch nach mehrfachen Bitten und Aufforderungen von Seiten der Universität verließ die Gruppe das Gebäude nicht, sondern verschärfte Ton und Handlungen ihres Protestes. Unter anderem wurden Universitätsmitarbeitende frontal und ungefragt gefilmt und teilweise drastisch beschimpft. Auch an dieser Stelle betonen wir, dass Beleidigendes und einschüchterndes Verhalten an der Universität Freiburg keinen Platz haben.
Das ganze Geschehen führte zunehmend auch zur Störung von Lehrveranstaltungen und Besorgnis von Besucher*innen in den Kollegiengebäuden I und III. Bibliotheken in den Gebäuden waren zu dem Zeitpunkt noch geöffnet, Lehrveranstaltungen in den betroffenen Gebäuden finden bis zur Schließung um 22 Uhr statt. Um den universitären Betrieb im KG 3 und KG 1 weiter sicher gewährleisten zu können, zog die Universität die Polizei hinzu. Außerhalb des Gebäudes erhielt die Gruppe die Möglichkeit, ihren Protest weiter zu äußern.
Auch an dieser Stelle heben wir unser Selbstverständnis hervor:Die Universität ist ein Ort des faktenbasierten Dialogs, der Wissenschaftsfreiheit, der demokratischen Werte und der Mitmenschlichkeit – zu dem wir alle beitragen, als Beschäftige in Wissenschaft, Verwaltung oder Service genauso wie als Studierende. Ganz wesentlich gehört dazu: dass alle Veranstaltungen, auch zu kontrovers geführten Themen, sicher und mit gegenseitigem Respekt aller Teilnehmenden durchgeführt werden können und die Universität dabei ein offener Ort bleibt.
Vor diesem Hintergrund prüft die Universität Freiburg derzeit im Austausch mit Fakultäten und Seminaren bestehende Maßnahmen und passt sie bei Bedarf an.