Sport ist für alle da – oder? „Insbesondere Menschen, die von Armut betroffen sind, werden von aktuellen Sportgruppen und -vereinen kaum erreicht“, sagt Lukas Oettle, Doktorand am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg. „Zu den Hürden gehören hohe Kosten für Mitgliedschaften und Sportequipment. Aber auch die Sorge, nicht mitzukommen oder nicht in die Gruppe zu passen erschweren den Zugang zum Sport erheblich.“
Aus der Motivation heraus, diese Lücke zu schließen, wurde Oettle im Rahmen seiner Masterarbeit aktiv. Bei Anlaufstellen für Menschen in Wohnungs- und Arbeitslosigkeit fragte er die Menschen nach ihren Wünschen und Bedürfnissen. Daraus entwickelte er ein erstes Konzept: kostenlose Sportkurse, an denen jede*r ohne Vorkenntnisse und ohne Anmeldung teilnehmen kann. Zusammen mit Theresa Wießmann, die ebenfalls am Sportinstitut studierte, organisierte er einen ersten Schnupperkurs mit wöchentlich wechselnden Sportaktivitäten zum Kennenlernen. Projektträger war damals das Ferdinand-Weiß-Haus, eine Freiburger Einrichtung der Diakonie für Menschen in Wohnungsnot. Das Interesse war groß, nach und nach kamen immer mehr Kurse dazu: von Hallenfußball über Ganzkörpertraining bis hin zu Tanzen und einem Schwimmkurs für Frauen. 2022 wurde aus dem studentischen Projekt der heutige Verein beneFit e.V. „Im Jahr 2023 hatten wir insgesamt etwa 200 Teilnehmende, eine Gruppe von circa 50 ist sehr regelmäßig dabei“, sagt Oettle. „Wir merken, dass das Angebot Menschen guttut. Zusätzlich zum Sport organisieren wir Gemeinschaftsevents und beraten in Einzelfallhilfen zum Beispiel zur Job- oder Wohnungssuche.“
Lukas Oettle und Theresa Wießmann entwickelten in ihren Masterarbeiten das Konzept von beneFit e.V. Auch heute noch ist die wissenschaftliche Begleitung für das Angebot zentral.
„Die Verbindung zur Universität Freiburg war und ist aus verschiedenen Perspektiven wichtig, um den Verein aufzubauen“, sagt Oettle. Zum einen sei der direkte Kontakt zu Studierenden wertvoll, die als Trainer*innen Kurse anbieten. Auch nutzten einige Studierende die Möglichkeit, sich im Rahmen des Bereichs Berufsfeldorientierter Kompetenzen (BOK) im Verein zu engagieren. Zum anderen sei die wissenschaftliche Begleitung der Vereinsarbeit zentral für das Angebot: „Dadurch, dass wir die Vereinsaktivitäten kontinuierlich wissenschaftlich begleiten, sind auch unsere Angebote stark wirkungsorientiert.“ In den Kursen haben die Teilnehmenden außerdem die Möglichkeit, regelmäßig Feedback zu geben und damit die Kurse aktiv mitzugestalten.
Mittlerweile sind neben den Masterarbeiten von Lukas Oettle und Theresa Wießmann weitere Abschluss- und Forschungsarbeiten rund um die Sportkurse von beneFit e.V. entstanden. Auch in seiner Doktorarbeit forscht Oettle zu sozialer Exklusion im Sport sowie den Potentialen der sportlichen Teilhabe für das eigene Leben. Dafür führt er Interviews mit Teilnehmenden der Kurse. Unterstützung für den Aufbau von beneFit e.V. bekam Oettle auch von der Betreuerin seiner Masterarbeit und Doktormutter, Prof. em. Dr. Petra Gieß-Stüber, die sich ebenfalls in der wissenschaftlichen Begleitung sozialer Sportprojekte engagiert.
In einem selbst entwickelten Seminar mit dem Titel „Soziale Innovation und Entrepreneurship im Sport“ gibt Oettle nun sein Wissen an Studierende weiter. Im Laufe eines Semesters erstellen Studierende dort eigene innovative Konzepte für soziale Sportprojekte. „Natürlich hat nicht jede*r den Anspruch, wirklich ein Projekt zu starten. Aber insgesamt waren die Rückmeldungen bisher sehr positiv“, so Oettle. Bei der Eröffnung des Akademischen Jahres 2023 erhielt etwa das StartUp „GapLess“ einen „Pfiffikus“-Sonderpreis. Die Gründer hatten an Oettles Seminar teilgenommen und geben Skateworkshops für von Flucht betroffene Kinder und Jugendliche.
Wießmann, Oettle und das Team von beneFit e.V. haben mittlerweile neue Projektgelder für 2024 eingeworben. Zusätzlich zu den Kursen planen sie immer wieder, mit größeren Events wie Stadtteilfesten auf den Verein aufmerksam zu machen. „Ein Highlight wird in diesem Jahr sicherlich die Deutsche Meisterschaft im Straßenfußball“, so Oettle. Außerdem konzentrieren sie sich in der nächsten Zeit darauf, Förder*innen zu werben, um den Verein zu verstetigen. „Wir hoffen, dass zukünftig vielleicht in anderen Städten ähnliche Angebote entstehen. Dafür verschriftlichen wir aktuell das Konzept und erstellen Leitfäden“, sagt Oettle.