Die Hochzeit der Studierendenbewegung in Deutschland wird vor allem mit dem Jahr 1968 in Verbindung gebracht. Die Proteste nahmen aber bereits in den Jahren zuvor Fahrt auf – so besonders in Freiburg, das als eine Hochburg der Studierendenbewegung vor der 68er Bewegung gelten kann. Eine weitere Besonderheit von Freiburg war, dass die Studierenden hier stark konsens- und dialogorientiert agierten. Dies reichte bis in die heiße Phase der Studierendenbewegung 1968/69 hinein. Zeitgenoss*innen sprachen daher rückblickend von den „mild-wilden Zeiten“1 der Freiburger Studierendenbewegung.
Freiburger Studierende waren in den 1950er und bis Mitte der 1960er Jahre im Vergleich mit anderen Universitäten besonders hochschulpolitisch und gesellschaftlich aktiv. Sie forderten hochschulpolitische Reformen, kritisierten früh gesellschaftliche Demokratiedefizite und die fehlende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus (so z.B. in einer Protestaktion 1952 gegen die Aufführung eines neuen Films des NS-Regisseurs Veit Harlan). Ihre Kritik äußerten sie unter anderem in der Freiburger Studentenzeitung (FSZ).2 Deren zunehmend gesellschafts- und universitätskritischen Beiträge führten seit Ende der 1950er Jahre, trotz des konsensorientierten Politikstils der Studierenden, zu teilweise heftigen Differenzen zwischen dem Rektorat und der FSZ , die bis zu drohenden Disziplinarmaßnahmen und der Absetzung des Chefredakteurs gehen konnten.
Mit Beginn der 1960er Jahren organisierten die Studierenden vermehrt öffentlichkeitswirksame Aktionen, so den Protest gegen gestiegene Mensapreise oder gegen das Verkaufsverbot der politischen Zeitschrift Konkret auf dem Universitätsgelände (beides 1961). Die erste große studentische Demonstration der 1960er Jahre, die „Aktion Bildungsnotstand“ am 1. Juli 1965 mit bundesweit über 100.000 Teilnehmenden, wurde von Freiburger Studierenden initiiert und organisiert. Es folgte die ebenfalls bundesweit beachtete und teilweise an anderen Orten nachgeahmte Aktion „Student aufs Land“. Freiburg war – so könnte man sagen – eine Hochburg der Studierendenbewegung vor der Studentenbewegung 1968.
Kennzeichen der hochschulpolitisch aktiven Freiburger Studierenden war dabei ihr lösungsorientierter und pragmatischer, auf Konsens und Dialog zielender, in der Sache jedoch gleichwohl konsequenter und zielgerichteter Politikstil. Charakteristisch für das Handeln in Freiburg war auch, dass Entscheidungen über politische Lager hinweg gemeinsam getroffen wurden. Selbst in den Jahren 1968 /69, als sich die Studierendenbewegung radikalisierte, war diese in Freiburg in gewisser Weise gemäßigter, gleichzeitig aber nicht weniger aktiv und kritisch. Zeitgenoss*innen sprachen daher rückblickend von den „mild-wilden Zeiten“ der Freiburger Studierendenbewegung.3
Dieses „mild und wild“ kennzeichnet Freiburg nicht nur rückblickend im Hinblick auf die Studierendenbewegung. „Wild“, kritisch und innovativ denken und handeln, gleichzeitig „mild“ im gegenseitigen Umgang zu sein, ohne zu verhärten oder andere Meinungen nicht mehr gelten zu lassen, lösungsorientiert den Konsens zu suchen, – das prägte, trotz aller auch vorhandenen Konflikte, nicht nur die Freiburger Studierendenbewegung über weite Strecken, sondern ist auch ein Bestandteil der DNA der Universität Freiburg.