„Deutschland bleibt also ein Land der Mieterinnen und Mieter!“, ergab die Umfrage des Mikrozensus von 2021. Steigende Mieten und knapper Wohnraum beschränken sich jedoch nicht nur auf die Gegenwart:
1564 etwa beschwerte sich ein Augsburger Bürger bei Rat und Bürgermeister darüber, dass ihm die Miete erhöht worden war, obgleich ihm versprochen worden war, „den Zins […] nit zu staigern.“ Sollte die Miete weiter angehoben werden, müsse er sich eine andere Bleibe suchen und umziehen. Ähnlich erging es auch Michael Stecken ein gutes Jahr später, dem durch seinen Vermieter die Wohnung gekündigt worden war. Weil er als Kammmacher handwerksbedingt zwangsläufig eine offene Feuerstätte betreiben müsse, dies vonseiten möglicher neuer Mitbewohner*innen und Nachbar*innen jedoch als unkalkulierbare Gefahr ausgemacht worden sei und er deshalb „von vilen leuten gescheucht und ganz schwärlich eine geraume, dienlich behausung bekhomen“ könne, wandte er sich an die städtische Obrigkeit, um diesem Umstand ab- und ihm zu einer neuen Bleibe zu verhelfen.
Zwei Supplikanten, zwei unterschiedliche Situationen, zwei Narrative, zwei Existenzen, eine Herausforderung: Wohnen zur Miete.
Fragen rund um Miete und Wohneigentum, bezahlbaren Wohnraum und nachhaltigen Wohnungsbau oder Nachverdichtung sind aktueller Gegenstand nicht nur sozialpolitischer, wirtschaftlicher oder umwelttechnischer Überlegungen, sondern benennen den Kern existenzieller Problemlagen von Gesellschaften selbst. Umso erstaunlicher ist es, dass bislang nur wenige Studien Miete aus einer dezidiert historischen Perspektive untersucht und damit das Gewordensein dieses raum- und gesellschaftsübergreifenden Phänomens näher thematisiert haben.
Das von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Projekt „Raumdynamiken“ greift dieses Desiderat auf und zielt darauf ab, durch die Auswertung der Augsburger Steuerbücher im Zeitraum von 1480 bis 1620
Finanziert wird das Projekt durch die Projektförderung der Gerda Henkel Stiftung.
Dr. Maria Weber (Projektleitung)
Rocco Günther (studentische Hilfskraft)
Jakob Riesle (studentische Hilfskraft)
Wie es sich in der frühneuzeitlichen Stadt mit Miete verhalten konnte, zeigt der Vortrag, der hierzu am Europäischen Hansemuseum in Lübeck gehalten wurde und der über YouTube nachzustreamen ist!