Siegelement der Uni Freiburg in Form eines Schildes

Internationale Studierende ehrenamtlich begleiten

Freiburg, 19.12.2025

Seit rund zehn Jahren engagiert sich Regine Schandera ehrenamtlich für internationale Studierende und Promovierende an der Universität Freiburg. Sie unterstützt die Neuankommenden dabei, in Freiburg Fuß zu fassen und sich ein eigenständiges Leben aufzubauen.

Ältere Frau mit grauen Haaren, Brille und einem blauen Wollschal steht auf einem Balkon und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund ist die Stadt Freiburg mit dem Freiburger Münster, modernen Gebäuden und dem Schwarzwald zu sehen. Die Sonne scheint, der Himmel ist leicht bewölkt.
Fremdsprachensekretärin Regine Schandera unterstützt seit rund zehn Jahren ehrenamtlich internationale Studierende an der Universität Freiburg. Foto: Klaus Polkowski / Universität Freiburg

Kein Bett, kein Schrank, kein Tisch – als Physikstudent Kabir aus Kamerun nach langem Suchen 2015 endlich eine Einzimmerwohnung in Freiburg findet, steht er ohne eigene Möbel in einem leeren Raum. Von einer Kollegin erfährt Regine Schandera vom Fachbereich Organische Chemie an der Universität Freiburg von seiner Notlage. Für die Fremdsprachensekretärin ist sofort klar: „Ich möchte ihn unterstützen.“ Gemeinsam mit einem Kollegen organisiert sie innerhalb eines Tages Möbel und Haushaltsgegenstände aus umliegenden Gemeinden und einer Pfarrei. Am Abend ist Kabirs neues Zuhause vollständig eingerichtet – und er selbst zu Tränen gerührt. Für Regine Schandera ist das der Beginn eines langjährigen Engagements für internationale Studierende und Doktorand*innen an der Universität Freiburg.

Die 69-Jährige arbeitete 26 Jahre als Krankenpflegerin, 14 Jahre davon im Ausland. „Ich war beruflich unter anderem in Kerala in Indien tätig und habe dort schnell gemerkt, wie sehr ich als Fremde auf Unterstützung angewiesen bin, um mich in einem neuen Land zurechtzufinden. Diese Erfahrung möchte ich zurückgeben“, erzählt sie. Wegen starker Rückenprobleme ließ sie sich 2003 zur Europasekretärin umschulen und schloss die Ausbildung zwei Jahre später erfolgreich ab. Seit 2005 ist Schandera als Fremdsprachensekretärin an der Universität Freiburg tätig – zunächst am Theologischen Institut, später am Physikalischen Institut. 2019 wechselte sie an das Institut für Organische Chemie, wo sie über ihre Pensionierung hinaus auch heute noch in Teilzeit arbeitet. In ihrem Büroalltag erlebt sie täglich, vor welchen Herausforderungen internationale Studierende und Doktorand*innen stehen, und unterstützt sie inzwischen seit rund zehn Jahren.

Ältere Frau mit grauen Haaren, Brille und blauem Wollschal steht lächelnd vor einer Wand mit senkrechten Lamellen. Im Hintergrund ist ein Treppengeländer aus Metall zu sehen.

„Ich war beruflich unter anderem in Kerala in Indien tätig und habe dort schnell gemerkt, wie sehr ich als Fremde auf Unterstützung angewiesen bin, um mich in einem neuen Land zurechtzufinden. Diese Erfahrung möchte ich zurückgeben.“

Regine Schandera

Fremdsprachensekretärin am Institut für Organische Chemie, Universität Freiburg

Zwischen Möbelsuche, Ämtern und Arztterminen

Bei Schanderas individuellem ehrenamtlichen Engagement arbeitet sie eng mit dem International Office der Universität Freiburg zusammen. „Das International Office und ich unterstützen uns gegenseitig. Wenn sie auf eine Person aufmerksam werden, die Hilfe beim Ankommen in der Stadt benötigt, melden sich die Mitarbeitenden bei mir. Umgekehrt kann ich ,meine Studierenden und Promovierenden‘ bei Fragen rund ums Studium und die Universität an sie verweisen“, erzählt Schandera. Internationale Studierende und Doktorand*innen werden aber auch über Professor*innen, Sekretär*innen und andere Kommiliton*innen auf ihr Engagement aufmerksam.

Nach der Arbeit oder am Wochenende unterstützt sie die jungen Menschen bei ganz vielen unterschiedlichen Dingen: Von der Suche nach einem bezahlbaren Deutschkurs bis zum Ausfüllen diverser Formulare für verschiedene Ämter. „Als Übersetzungshilfe begleite ich Neuankömmlinge zum Beispiel zu verschiedenen öffentlichen Stellen. Außerdem suche ich mit ihnen einen Hausarzt oder eine Hausärztin und fahre sie zu Arztterminen. Wenn möglich, kontaktiere ich sie auch schon vor ihrer Ankunft in Freiburg. Wegen der Zeitverschiebung telefonieren wir dann auch mal nachts und gehen die ersten Formulare gemeinsam durch.“

Schanderas ehrenamtliche Arbeit geht aber noch weiter: „Ich bin immer auf der Suche nach Möbeln, Haushaltsgegenständen und Kleidung, die ich an die Studierenden und Doktorand*innen verteilen kann“, berichtet sie. „Auch mit Makler*innen stehe ich in regelmäßigem Austausch und versuche, Wohnungen oder freie Zimmer zu vermitteln.“ Haben Studierende oder Promovierende eine Unterkunft gefunden, ist auch bei dem anstehenden Einzug auf Schandera Verlass: Mit ihrem kleinen Auto oder einem Mietwagen transportiert sie die Möbel und hilft, Zimmer einzurichten. Sicherheit und Verlässlichkeit bieten zu können, ist ihr besonders wichtig. „Es kam auch schon vor, dass ein Student notfallbedingt ins Krankenhaus musste. Da habe ich ihn um Mitternacht hingefahren, gewartet und ihn wieder nach Hause gebracht.“

„Jemand, der für uns da ist“

Zwei Personen sitzen sich an einem Schreibtisch gegenüber und unterhalten sich freundlich. Eine ältere Frau mit grauen Haaren, Brille und blauem Schal lacht, ein jüngerer Mann mit dunklen, lockigen Haaren und Brille schaut sie lächelnd an. Im Hintergrund stehen mehrere Zimmerpflanzen auf einer Fensterbank.
Regine Schandera unterstützte Physikstudent Aravind beim Ankommen in Freiburg. Foto: Klaus Polkowski / Universität Freiburg

Die Herausforderungen, die mit dem Ankommen in einem neuen Land und an einer neuen Universität einhergehen, kennt Aravind nur zu gut. 2022 kommt er aus Kerala in Indien nach Freiburg, um hier seinen Master am Physikalischen Institut zu beginnen. „Besonders schwierig war es für mich, mit der deutschen Bürokratie zurechtzukommen“, erzählt er. „Aber auch mich einzuleben und ein Netzwerk aufzubauen, war in der völlig fremden Umgebung nicht leicht.“ Er wurde über einen Kommilitonen auf Schandera aufmerksam, und sie half ihm, wo sie konnte, dabei, ein eigenständiges Leben in Freiburg aufzubauen.

„Regine gibt uns das Gefühl, dass wir im Alltag nicht alleine sind, dass wir hier in Freiburg jemanden haben, der auf ganz besondere Weise für uns da ist. Das ist von unschätzbarem Wert“, sagt er. Eine Erinnerung bleibt ihm dabei besonders präsent: „Als ich krank war, hat sie mich sofort unterstützt. Sie brachte mir Essen, erledigte Einkäufe und begleitete mich sogar zum Arzt. Diese Fürsorglichkeit hat mich tief berührt. Das werde ich nicht vergessen.“

Junger Mann mit schulterlangen dunklen Haaren, Brille und grauem Pullover steht lächelnd vor einer Wand mit senkrechten Lamellen. Im Hintergrund ist ein Treppengeländer aus Metall zu sehen.

„Regine gibt uns das Gefühl, dass wir im Alltag nicht alleine sind, dass wir hier in Freiburg jemanden haben, der auf ganz besondere Weise für uns da ist. Das ist von unschätzbarem Wert.“

Aravind

Student am Physikalischen Institut, Universität Freiburg

Unterstützung über Herkünfte hinweg

In den vergangenen Jahren hat sich Schandera ein breites Netzwerk aufgebaut. „Zuerst habe ich in meinem Bekanntenkreis gefragt, ob jemand Kleidung abgeben kann. Dann kamen die Bekannten der Bekannten dazu. Inzwischen nutze ich auch verschiedene Messenger-Gruppen, in denen Gegenstände verschenkt oder günstig angeboten werden“, erzählt sie. Finden sich dort passende Dinge, holt sie diese nach der Arbeit ab und bringt sie direkt zu den Studierenden und Doktorand*innen.

Große Unterstützung bei Ihrer ehrenamtlichen Arbeit erfährt sie zudem von den internationalen Studierenden selbst. Die Hilfsbereitschaft untereinander macht sie besonders glücklich. „Sie alle sind jederzeit bereit, sich gegenseitig zu helfen – egal, ob sie sich kennen oder nicht. Und über alle Herkünfte hinweg. Das ist einfach großartig und haut mich jedes Mal um!“, sagt sie lachend.

Ältere Frau mit grauen Haaren, Brille und blauem Wollschal steht lächelnd vor einer Wand mit senkrechten Lamellen. Im Hintergrund ist ein Treppengeländer aus Metall zu sehen.

„Ich schaue regelmäßig über meinen eigenen Tellerrand hinaus, lerne andere Meinungen und Sichtweisen kennen – und es entstehen Freundschaften, die über Jahre halten.“

Regine Schandera

Fremdsprachensekretärin am Institut für Organische Chemie, Universität Freiburg

Eine enge Gemeinschaft

Die Studierenden und Doktorand*innen helfen sich nicht nur im Alltag, sondern unternehmen gemeinsam mit Schandera Ausflüge, feiern Geburtstage, bestandene Prüfungen oder kulturelle Feiertage.

Ein Abend ist Schandera besonders in Erinnerung geblieben: „Vergangenes Jahr hat eine Gruppe chinesischer Studierender anlässlich meines Geburtstags für mich gekocht und wir haben zuhause gemeinsam gefeiert. Als wir mit dem Essen fertig waren, klopfte es plötzlich an der Tür, und eine Gruppe afrikanischer Studierender stand mit einem selbstgebackenen Kuchen da, den wir dann alle gemeinsam gegessen haben. Ich wusste von nichts und habe mich riesig gefreut. Das hat mir wieder gezeigt: Man bekommt viel mehr zurück, als man gibt.“

Genau das ist es, was Schandera an ihrem Ehrenamt so schätzt: „Ich schaue regelmäßig über meinen eigenen Tellerrand hinaus, lerne andere Meinungen und Sichtweisen kennen – und es entstehen Freundschaften, die über Jahre halten.“

Gruppe junger Menschen und eine ältere Frau sitzen verteilt in zwei blauen Kanus auf einem schmalen Fluss, alle tragen Schwimmwesten und halten Paddel. Im Vordergrund macht eine Person mit Sonnenbrille ein fröhliches Selfie. Am Ufer wächst dichtes grünes Schilf. Die Stimmung ist ausgelassen.
Internationale Studierende und Regine Schandera bei einer Kanufahrt. Foto: Privat

Im kommenden Jahr wird sie 70 und einige Tätigkeiten fallen ihr nicht mehr ganz so leicht. Umso größer ist ihr Wunsch, ein oder zwei Menschen zu finden, die sie bei ihrem ehrenamtlichen Engagement unterstützen – oder ihr leerstehende Kellerräume zur Verfügung stellen. Denn immer wieder muss sie gut erhaltene Gegenstände ablehnen, weil es an Lagerfläche fehlt. „Es wäre wunderbar, wenn die Studierenden und Promovierenden auch weiterhin auf diese Weise unterstützt werden könnten– ganz egal, worum es geht“, sagt sie.

International Office

Das International Office der Universität Freiburg ist die zentrale Anlaufstelle für internationale Studierende und Promovierende. Es berät und unterstützt sie in allen Fragen rund um Ihr Studium oder Ihren Forschungsaufenthalt an der Universität Freiburg – von der Einschreibung über Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu formalen Angelegenheiten wie Visa- und Aufenthaltsfragen.

Kontakt

Hochschul- und Wissenschaftskommunikation

Universität Freiburg
Tel.: +49 761 203 4302
E-Mail: kommunikation@zv.uni-freiburg.de