Mitte der 1970er Jahre verhinderte ziviler Widerstand den Bau des Atomkraftwerks in Wyhl am Kaiserstuhl. Der breiten Allianz von Demonstrierenden gehörten auch Studierende der Universität Freiburg an, die damit unmittelbar am Beginn der deutschen Umwelt- und Anti-Atomkraft-Bewegung beteiligt waren.
Rund 30.000 Menschen,1 etwa siebeneinhalb Mal mehr als Wyhl am Kaiserstuhl heute Einwohner*innen hat, demonstrierten am 23. Februar 1975 gegen den Bau des dort geplanten Kernkraftwerks. Es war nicht der erste, aber der folgenreichste Protesttag: Die Versammelten stürmten den Bauplatz – und besetzten ihn bis in den November hinein. Ein Novum in der Bundesrepublik Deutschland.2 Heute gilt der Widerstand in Wyhl mit seinen politischen und juristischen Auswirkungen als Geburtsstunde der deutschen Umwelt- und Anti-Atomkraft-Bewegung.3
Unter dem Leitspruch „Nai hämmer gsait!“ (alemannisch für „Nein haben wir gesagt!“) übten verschiedene soziale Gruppen den Schulterschluss. So heterogen wie die Protestbewegung waren auch ihre Motive: Während sich Landwirt*innen, Winzer*innen und Handwerker*innen um ihre berufliche Existenz sorgten, trieben Umwelt- und Naturschutzgedanken sowie ein Risikobewusstsein gegenüber der Kernenergie die bürgerliche Klientel an. Die Studierenden wollten mit ihrem Engagement auch über die Gefahren der Atomkraft aufklären: Ein Beispiel hierfür sind die Schriften des Arbeitskreises Umweltschutz. Wichtig für zumeist links orientierte Schüler*innen, Auszubildende und Studierende war zudem der Wunsch nach mehr Demokratie und politischer Partizipation. Weitaus umfassender waren die Bestrebungen studentischer K-Gruppen aus Freiburg: Sie zielten auf einen politischen Wandel ab, konnten sich mit ihren Bestrebungen allerdings nicht durchsetzen.4
Mit der Beteiligung Freiburger Studierender am Widerstand gegen das Wyhler Kernkraftwerk wird zum einen die regionale Verankerung der Universität deutlich, zum anderen auch deren Willen, gesellschaftliche Herausforderungen anzunehmen und ihnen gestaltend zu begegnen.