Funktionen mikrobieller Symbionten bei pilzezüchtenden Käfern
Ambrosiakäfer wie der Kleine Holzbohrer Xyleborinus saxesenii leben in selbstgebauten Gängen in Holz. An den Wänden der Tunnels und Kammern bauen sie ihre Pilzgärten an. Diese Gärten werden von zwei Nahrungspilzen dominiert, aber auch andere Mikroben wachsen dort. Einige Schimmelpilze scheinen parasitär zu sein und haben negative Auswirkungen auf die Anzahl der Nachkommen der Käfer. In diesem Projekt erforschen wir die Faktoren, die die Zusammenstellung der mikrobiellen Gemeinschaft in den Käfernestern beeinflussen, und wir möchten herausfinden, welche Mechanismen die Käfer anwenden, um ihre Nahrungspilze anzubauen.
In einem ersten Schritt identifizieren wir die Mikrobengemeinschaft, die mit zwei einheimischen Ambrosiakäfer-Arten assoziiert sind: dem Kleinen Holzbohrer X. saxesenii und dem Schwarzen Nutzholzborkenkäfer Xylosandrus germanus. Wir untersuchen die Reihenfolge, in der verschiedene Mikroben in den Nestern zu finden sind. Anschließend testen wir, wie diese Mikroben miteinander interagieren. Hierfür wenden wir modernste molekulare und bildgebende Techniken an (z.B. next-generation sequencing, SEM, FISH).
Vorhergehende Studien haben Hinweise geliefert, dass Käfer der Art X. saxesenii beeinflussen können, welche Pilze in ihren Nestern wachsen. Und zwar auf zwei verschiedene Arten: erstens, indem sie die Verbreitung von Schimmelpilzen unterdrücken und zweitens, indem sie das Wachstum ihrer Nahrungspilze steigern und anregen, dass diese Fruchtkörper produzieren. Nur in Anwesenheit der Käfer können die Pilze Fruchtkörper, so genannte Conidien, bilden. Die Mechanismen, die diesen Effekten zu Grunde liegen, werden in diesem Projekt ebenfalls untersucht. Vorläufige Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Käfer hierfür weitere Symbionten „nutzen“. Diese stellen also zusätzliche mutualistische Partner in diesem System dar, neben den Käfern und ihren Nahrungspilzen.
Soziale Immunität bei Ambrosiakäfern und chemische Erkennung der Pilzsymbionten
In komplexen Insektengemeinschaften leben die verschiedenen Individuen in großer räumlicher Nähe und sind nah miteinander verwandt. Diese beiden Faktoren sollten eigentlich dazu führen, dass sich Parasiten schnell verbreiten. Zugleich fördern sie aber auch die Evolution sozialer Verhaltensweisen. Und diese können wiederum helfen, Parasiten zu bekämpfen (neben chemischen Abwehrmechanismen). Im ersten Teil dieses Projekts untersuchen wir die sozialen Abwehrmechanismen beim Ambrosiakäfer Xyleborinus saxesenii. Hierfür setzen wir Käfer experimentell pathogenen Mikroorganismen aus, vor allem Schimmelpilzen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Käfer in dieser Situation vermehrt Hygieneverhalten zeigen, also zum Beispiel sich selbst oder andere Käfer putzen, wodurch sie vermutlich den Parasitenbefall auf ihren Körperoberflächen vermindern. Außerdem gibt es mehr Kannibalismus, wodurch von Schimmel befallene Individuen beseitigt werden. Solche kollektiven Pathogen-Abwehrmechanismen (soziale Immunität) waren bisher bei Käfern nicht bekannt.
Im zweiten Teil dieses Projekts testen wir, ob die Käfer sich über den Geruchssinn (olfaktorisch) orientieren, wenn sie einen neuen Lebensraum suchen, also einen kürzlich abgestorbenen Baum mit spezifischen chemischen Merkmalen. In einem Pilotversuch haben wir herausgefunden, dass die Käfer von zwei Gerüchen angezogen werden: von flüchtigen Stoffen jener Pilze, die am häufigsten als mutualistischen Symbionten in ihren Nestern vorkommen, sowie von Ethanol, das bei Zersetzungsprozessen entsteht und daher von frisch abgestorbenen Bäumen verströmt wird. Das weist darauf hin, dass die Käfer olfaktorische Hinweise nutzen um neue Nistplätze zu finden. Einerseits sind dies Hinweise darauf, dass Artgenossen bereits erfolgreich Pilzgärten in diesem Baum angelegt haben, andererseits gibt das Ethanol einen Hinweis auf den Zustand des Wirtsbaumes. Überraschenderweise fanden wir keinen abschreckenden Effekt flüchtiger Stoffe, die von pathogenen (krankmachenden) Pilzen produziert werden.
Diversität der Pilzsymbionten von Ambrosiakäfern
Ambrosiakäfer leben in Tunnelsystemen (‚Gallerien‘) im Holz kürzlich abgestorbener oder absterbender Bäume. An den Tunnelwänden pflanzen sie verschiedene Pilze an. Die genaue Zusammensetzung dieser Pilzgemeinschaften ist kaum untersucht, es ist jedoch bekannt, dass die Pilzgärten von bestimmten Arten der Ambrosiapilze dominiert werden. Diese Arten findet man ausschließlich in den Käfernestern. Ambrosiapilze sind Schlauchpilze und gehören zu den Gattungen Raffaelea (Sordariomycetidae), Ambrosiella (Ceratocystidaceae) oder Fusarium (Hypocreales). Sie produzieren geschwollene Hyphen, die den Käfern als alleinige Nahrungsquelle dienen. Es ist bekannt, dass die Pilze sich asexuell vermehren; ob zudem auch sexuelle Fortpflanzung stattfindet wurde jedoch noch nie untersucht. Wenn die Weibchen ihre Geburtsnester verlassen und neue Bäume besiedeln, tragen sie asexuelle Sporen in ihre neuen Nester. Diesen Mechanismus nennt man vertikale Übertragung. Es ist jedoch nicht endgültig geklärt, ob auch eine Übertragung zwischen bereits bestehenden Nestern (horizontale Übertragung) möglich ist.
Wenn sich die Pilze nur asexuell vermehren würden, und wenn die vertikale Übertragung der einzige Weg wäre, auf dem Sporen neue Nester erreichen könnten, würde dies zu einer geringen genetischen Vielfalt der Pilze zwischen verschiedenen Käferpopulationen führen. In diesem Projekt bestimmen wir die genetische Vielfalt der Pilze von Käferpopulationen aus ganz Zentraleuropa. Das Ziel ist, die Diversität der Ambrosiella oder Raffaelea Genotypen zwischen und innerhalb der Käferpopulationen zu bestimmen. Unsere Ergebnisse werden helfen, zu verstehen, wie häufig symbiotische Pilze horizontal zwischen Nestern ausgetauscht werden, und Aufschluss über das Auftreten und die Häufigkeit der sexuellen Vermehrung der Pilze geben. Zusätzlich werden wir in Zusammenarbeit mit T. Harrington neue Pilzarten identifizieren.
Interaktionen zwischen heimischen und eingeschleppten Ambrosiakäfern
Die internationale Verschleppung von nicht-einheimischen Waldinsekten stellt eine ernsthafte Bedrohung für Wälder weltweit dar. Borken- und Ambrosiakäfer (Curculionidae: Scolytinae) werden sehr häufig verschleppt, unter anderem da sie sehr leicht in Holzprodukten und Verpackungsmaterial transportiert werden. Mit dem stetigen Anstieg des internationalen Handels steigt somit auch das Risiko, diese Organismen einzuführen. Für Wissenschaftler und Forstwirte ist es aber auch wichtig, zu verstehen, warum Borken- und Ambrosiakäfer sich so leicht in Lebensräumen außerhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete ansiedeln, nachdem sie dorthin verschleppt wurden. Ziel dieses Forschungsgebietes ist es, Strategien zu entwickeln, um die Gefährdung zu beurteilen und die Ausbreitung nicht-einheimischer Arten durch gezieltes Management zu unterbinden.
In diesem Projekt wollen wir abschätzen, welchen Effekt nicht-einheimische Ambrosiakäferarten auf einheimische Arten haben können. Hierfür testen wir die Konkurrenzfähigkeit eines natürlich vorkommenden Ambrosiakäfers gegen die einer nicht-einheimischen Art, indem beide gemeinsam in einem künstlichen Medium aufgezogen werden. Um weiterhin zu testen, welche Rolle die symbiontischen Pilze für die Konkurrenzfähigkeit der verschiedenen Käferarten spielen, testen wir jene Pilze, die hauptsächlich mit den beiden Käferarten assoziiert sind, auf Nährmedium (Agar) gegeneinander.