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Sonia Dsoke

Über die Autorin:

Das Porträt verfasste Leandra Rudolph, die Liberal Arts and Sciences mit dem Major Governance studiert. Als aspirierende ‘Irgendwas – mit – Medien – und – Politik’ hat sie fast ihr Studium abgeschlossen und fängt bald ein Praktikum beim Bundespresseamt an. Dieses Poträt hat sogar ihre Batterien wieder aufgeladen.

Wenn sich Leidenschaft entlädt

„In der Wissenschaft arbeitet man nicht für das Geld oder den Ruhm, es muss das Hobby sein und die Arbeit und eigentlich einen großen Teil des Lebens ausmachen“, findet Sonia Dsoke. Wer diese Begeisterung für Wissen besitzt, wird viele Hürden überwinden können. Sie kann das beurteilen, denn Sonia Dsoke hat selbst einen weiten Weg mit einigen Hürden zurückgelegt in ihrer Forschungskarriere. Begonnen hat diese Reise in Camerino, Italien, wo sie Chemie studiert und ihren PhD in Elektrochemie gemacht hat. In Italien ist es eigentlich üblich nah bei der eigenen Familie zu bleiben, erklärt Sonia Dsoke und erzählt im gleichen Satz, wie sie mit dieser Tradition gebrochen hat, um nach Deutschland zu kommen. Nur so hatte sie die Chance, ihre Karriere in der Wissenschaft fortzuführen. Ihre Heimat zu verlassen hat eine kulturelle Umstellung mit sich gebracht: Besonders der erste Winter in Ulm ist ihr als grau und kalt in Erinnerung geblieben, doch sie hat sich schnell daran gewöhnt und wohnte schließlich 7 Jahre dort. Trotzdem freut sie sich, dass sie nun hier in Freiburg, der sonnigsten Stadt Deutschlands, lebt.

Eine weitere Hürde war die Sprachbarriere: „Wenn du hier eine höhere Position innerhalb der Wissenschaft anstrebst und Karriere machen möchtest, musst du Deutsch lernen“, erklärt Sonia Dsoke. Also hat sie es gelernt. Über Stationen in Ulm und Karlsruhe ist sie schließlich dem Ruf nach Freiburg gefolgt und hat hier nun die Professur Elektrochemische Energieträger und Speichersysteme inne, am Institut für Nachhaltige Technische Systeme der Technischen Fakultät. Am INATECH forscht sie zu neuen Materialien für Batterien: häufiger-vorkommende Materialien wie Sodium könnten bekannte Materialien wie Lithium ersetzen und so billigere und auch nachhaltigere Batterien möglich machen.

„Um Wissenschaftler*in zu sein, muss man eine soziale Person sein“, meint die Chemikerin. Diese Aussage widerspricht dem Bild, das ich oft von (vor allem Natur-) Wissenschaftler*innen habe. Die sitzen doch eigentlich den ganzen Tag im Labor und sprechen mit keiner Menschenseele. Aber Sonia Dsoke beschreibt den Forschungsprozess so: „Um die gesamte Batterie zu verstehen, ist ein Dialog mit anderen Feldern unverzichtbar“. Während Sie in ihrer PhD-Phase noch sehr fokussiert auf ihre eigene Forschung war, ist sie jetzt eine Befürworterin der interdisziplinären Arbeitsweise. Auch dass sie jetzt Teil des Fraunhofer-Instituts ist, hat sie in dieser Sichtweise bestärkt. Im Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) ist Sonia Dsoke Gruppenleiterin einer Forschungsgruppe. Diese ergänzt ihre Forschung darüber, wie man Batterien sicherer, nachhaltiger und billiger machen kann. Fraunhofer-Institute fokussieren sich auf anwendungsorientierte Forschung. Das Mitdenken der Bedürfnisse von Klienten verändert die Perspektive und lässt das große Ganze wichtiger erscheinen.

Warum bleibt sie mit solchen Themen an der Universität, statt in die freie Wirtschaft zu gehen? Sonia Dsoke erzählt, dass sie in Italien kurzzeitig in einem Unternehmen gearbeitet und schnell festgestellt hat, dass das nicht das Richtige für sie ist. „In einer Universität hat man mehr Freiheiten und kann Ideen entwickeln, während es in einem Unternehmen nicht vorgesehen ist, dass jemand darüber nachdenkt, warum etwas funktioniert oder warum etwas genutzt werden sollte“. Zeit ist deshalb für sie ein weiterer Faktor – nur in der Forschung können so neue Ansätze weiterentwickelt werden, deren direkter Nutzen nicht immer gleich ersichtlich ist, findet Dsoke. In der Wissenschaft ist Zeit und Raum für Neugier.

Die Universität bietet natürlich auch noch die bereichernde Möglichkeit, junge Studierende in ihrer Entwicklung zu unterstützen: „Ich möchte nicht einfach nur Wissen übermitteln, ich möchte die Neugier in den Studierenden wecken. Denn nur wer neugierig ist, geht auch tief genug, um Neues zu entdecken“. Außerdem möchte Sonia ihre Position nutzen, um ein Vorbild für junge Frauen in der Wissenschaft zu sein. Deshalb berichtet sie auch von den Seiten dieser Karriere, bei denen sie Nachbesserungsbedarf sieht. Gerade in den technischen Bereichen ist die deutliche Mehrheit an Männern unübersehbar, sowohl unter den Dozierenden als auch unter Studierenden. Sonia Dsoke kennt diese Ungleichheit auch in ihrem Umfeld: am INATECH sind von 12 Professuren nur 3 mit Frauen besetzt. „Mit dieser Unausgewogenheit geht manchmal das Gefühl einher, dass man sich als Frau einer Männer-Mentalität anschließen muss, um sich als kompetent und durchsetzungsfähig zu beweisen“. Frauen in Führungspositionen können solch einer Atmosphäre aber auch entgegenwirken: Die Forschungsgruppe, die Sonia Dsoke selber geleitet hat, hatte zu gleichen Anteilen Männer und Frauen. Gleichzeitig müssen junge Frauen aber auch früh an technische Bereiche herangeführt werden, argumentiert Sonia Dsoke. Schon in der Schule entscheidet sich oft, ob Mädchen Technik als ein mögliches Interessenfeld wahrnehmen oder nicht. Um junge Mädchen zu inspirieren und ihnen den Spaß an der Wissenschaft näherzubringen, eignen sich Aktionen wie der Girls’ Day (dieses Jahr am 25.04.2024).

Eine weitere Hürde für Frauen in der Wissenschaft kann aus Dsokes Erfahrung die Familienplanung sein. Schulen rufen bei Problemen immer noch zuerst die Mutter an oder arbeitenden Müttern wird vorgeworfen ihre Kinder zu früh in die Krippe gegeben zu haben. So etwas kann eine zusätzliche mentale Belastung sein, besonders, wenn frau* gleichzeitig noch eine Forschungsgruppe betreut. Trotzdem hofft sie, dass Frauen sich nicht von einer wissenschaftlichen Karriere abhalten lassen. „Es ist wichtig, seinen Träumen zu folgen“, möchte sie jungen interessierten Frauen mit auf den Weg geben.

Hat es sich also gelohnt, ihren eigenen Traum zu verfolgen, trotz mancher Hindernisse und des kalten Wetters? Auf jeden Fall findet Sonia. Sie hat hier nun auch eine eigene Familie gegründet, neue Traditionen gefunden, und konnte ihre Leidenschaft für Forschung in eine erfolgreiche Karriere verwandeln. Trotzdem wirft Sonia lachend ein: im Sommer fährt sie sicherheitshalber nach Italien.