Siegelement der Uni Freiburg in Form eines Kleeblatts

Die Geschichte unseres Institutes

Diese Seite stützt sich im Wesentlichen auf Gericke 1955 und Remmert 2001.

Zusammenstellung und Text: Markus Junker, Mathematisches Institut, 2019.

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Plastische Darstellung der Geometrie in der Vorhalle des Freiburger Münsters

Die Anfänge: Philiosophie

In der Frühzeit der Universitäten wurden zunächst an der sogenannten Artistenfakultät die „sieben freien Künste“ ( Artes Liberales ) studiert: das Trivium der drei sprachlichen Fächer Grammatik, Logik und Rhetorik und anschließend das Quadrivium der vier mathematischen Fächer Arithmetik, Geometrie, Harmonielehre und Astronomie. Danach wählte man eine der „höheren Fakultäten“ Jura, Medizin oder Theologie. Aus der Logik (in diesem Zusammenhang meist mit ihrem alten Namen „Dialektik“ bezeichnet) entwickelte sich die Philosophie als Universitätsdisziplin, und aus der Artistenfakultät wurde die Philosophische Fakultät. An ihr wurden Mathematik und Naturwissenschaften gelehrt, die sich allmählich aus Arithmetik, Geometrie und Astronomie herausbildeten. Diese Grundstruktur bestand in Baden bis 1837 fort. Erst 1910 wurde in Freiburg die ursprüngliche Philosophische Fakultät aufgeteilt in die Philosophische Fakultät und die Naturwissenschaftlich-Mathematische Fakultät.

Frühzeit: Universalisten

Von ihrer Gründung 1457 an wurde also an der Universität Freiburg Mathematik unterrichtet. Der erste Dozenzt war Magister Johann Kerer, der ab Aufnahme des Lehrbetriebs 1460 Vorlesungen über Mathematik hielt. Von einem Mathematikstudium im modernen Sinne ist man aber weit entfernt: Der mathematische Unterricht dürfte im Wesentlichen aus höherer Rechenfertigkeit und Geometrie bestanden haben. Die Professoren der Philosophischen Fakultät waren in der Frühzeit noch Universalisten und wechselten häufig die Lehrstühle und Universitäten. Vollständige Namenslisten gibt es nicht. [Gericke 1955] führt einige Freiburger Mathematikprofessoren der ersten drei Jahrhunderte auf, deren bedeutendster Erasmus Oswald Schreckenfuchs (1511–1575) sein dürfte.

['Vorlesung um 1500' aus dem Statutenbuch des Collegium Sapientiae]
[Astronomische Uhr von Thaddäus Rinderle]

Ab 1750: Neue Professuren

Für die Zeit ab etwa 1750 liegen im Großen und Ganzen vollständige Namenslisten der Mathematikprofessoren vor. Während es Anfang des 18. Jahrhunderts nur fünf Professuren an der Philosophischen Fakultät gab (für Geschichte, Logik, Mathematik, Physik und Rhetorik), wurden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weitere Professuren eingerichtet, u. a. eine für Angewandte Mathematik. Darunter war damals allerdings eher angewandte Physik und Ingenieurwesen zu verstehen. Gelehrt wurden z. B. Vermessungswesen und Militärarchitektur. Unter Mathematik fielen die alten Teildisziplinen Arithmetik und Geometrie, ergänzt durch neuere Entwicklungen wie Algebra, Rechnen mit Logarithmen und Trigonometrie. Differentialrechnung dagegen wurde in Freiburg noch nicht unterrichtet. Immer noch wechselten die Professoren zwischen den Lehrstühlen (so etwa Steinmeyer zwischen Logik und Metaphysik, Mathematik und Physik), allerdings waren die Verhältnisse schon stabiler. Die Universität baute zudem eine Sammlung mathematischer und physikalischer Instrumente auf, das „Mathematisch-Physikalische Kabinett“, das 1759 einen eigenen Saal bekam und laut [Schneider 2006] „schon eine Art Institut darstellte “, aber anscheinend auch von der Bevölkerung als Museum genutzt wurde. 1876 trennte es sich in das Mathematische und das Physikalische Kabinett.

Baden 1837: Studienreform

1837 gab es in Baden eine einschneidende Studienreform: Der elementare Unterricht der Philosophischen Fakultät wurde an die Gymnasien verlagert, und mit dem Abitur war nun ein Studium an einer der Fakultäten ohne das vorherige verpflichtende „Grundstudium“ an der Philosophischen Fakultät möglich. Dadurch entstand ein Bedarf an Fachlehrern an den Gymnasien, weshalb sich neben anderen Fächern auch Mathematik als eigenständiges Studienfach etablierte. Mit dieser Studienreform war zunächst ein massiver Rückgang der Studierendenzahlen verbunden: Weniger als 20 der nur noch ca. 250 Freiburger Studierenden waren an der Philosophischen Fakultät eingeschrieben; im Vergleich dazu waren es vorher etwa ein Viertel der über 600 Studierenden gewesen und bis zu 100 Hörer in den Mathematik­vorlesungen.
Gleichzeitig begannen in dieser Zeit auch die preußischen Reformideen und die Entwicklungen in der Mathematik (Vorbild Gauß) sich auszuwirken: Aus den Mathematikprofessoren wurden allmählich mathematische Forscher. In dieser Übergangszeit hatten von 1819 bis 1835 Carl Buzengeiger und von 1836 bis 1869 Ludwig Oettinger die Professur für Mathematik inne. Oettingers Initiative ist die Gründung des Seminars für Mathematik und Naturwissenschaften zu verdanken, Vorgänger des Mathematischen Instituts.

Sammlung Geometrischer Modelle
[Paul du Bois-Reymond, Schwarzweiß-Fotographie.]

Der erste Mathematikprofessor: Paul Du Bois-Reymond

Als erster Freiburger Mathematikprofessor im modernen Sinn dürfte Paul Du Bois-Reymond anzusehen sein (der Bruder des Physiologen Emil Du Bois-Reymond), der von 1870 bis 1874 in Freiburg wirkte. Er hatte in Königsberg und Berlin studiert und brachte die damals moderne Mathematik nach Freiburg. Danach begann man auch in Freiburg das Mathematikstudium mit Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung und über Analytische Geometrie, auf die höhere Vorlesungen folgten. Neben Du Bois-Reymond lehrte ab 1872 Ludwig Kiepert als außerordentlicher Professor; erst 1894 wurde ein zweites Ordinariat für Mathematik eingerichtet. 1923 kam eine „planmäßige außerordentliche Professur“ für Angewandte Mathematik (nun im modernen Sinn) hinzu, aus der 1954 ein drittes Ordinariat wurde. Die Anzahl der Professuren ist dann bis in die 70-er Jahre hinein angestiegen auf etwa 16 und seitdem im Wesenlichen stabil.