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Die Rückkehr der Imperien? Putins Krieg und seine globalen Implikationen

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„Die Rückkehr der Imperien? Putins Krieg und seine globalen Implikationen“ – unter diesem Titel fand am 9. März 2022 eine Podiumsdiskussion der Universität Freiburg statt, die aufgezeichnet wurde und jetzt online abgerufen werden kann. Organisiert wurde die Veranstaltung durch das DFG-Graduiertenkolleg „Imperien. Dynamischer Wandel, Temporalität und nachimperiale Ordnungen“.

„Seit der Jahrtausendwende wird in Russland systematisch an der Popularisierung eines Geschichtsbilds gearbeitet, das die vergangene Größe Russlands und der Sowjetunion in eine patriotische Erzählung einbaut“, erklärte Osteuropahistoriker Prof. Dr. Dietmar Neutatz, einer der sechs Freiburger Teilnehmer*innen des Online-Podiums. Den Krieg über die aktuelle Situation hinaus in größere historische, ökonomische und politische Kontexte einzuordnen – so lautete das erklärte Ziel der Veranstaltung. Auf die wichtige Rolle der USA verwies dabei Dr. Elisabeth Piller, Juniorprofessorin für Transatlantische und Nordamerikanische Geschichte: „Der Krieg zeigt uns, wie sehr wir immer noch im Amerikanischen Jahrhundert leben… Zumindest in seinen Ausläufern.“

Auf die strategischen Schwierigkeiten der chinesischen Führungsriege wies Sinologin Prof. Dr. Sabine Dabringhaus hin: „Die chinesische Führung sieht sich seit dem 24. Februar mit drei nicht miteinander zu vereinbarenden Interessen konfrontiert: a) ihrer strategischen Partnerschaft mit Russland, b) der russischen Verletzung von Chinas außenpolitischen Prinzipien der Souveränität, Nichteinmischung und territorialen Integrität und c) den wachsenden wirtschaftlichen Kollateralschäden durch die westlichen Sanktionen.“ Die wirtschaftlichen Folgen nahm auch Prof. Dr. Tim Krieger von der Professur für Ordnungs- und Wettbewerbspolitik in den Blick: „Diese mit einer dauerhaften Besetzung der Ukraine einhergehenden ökonomischen Kosten, dieses Ressourcenwegziehen aus dem Rest der Ökonomie, das ist wirklich dramatisch. Das ist geradezu eine militärisch-ökonomische Überdehnung dieses Landes, die mit der wirtschaftlichen Schwäche nicht zu bewältigen ist.“

Die Wiederkehr scheinbar überholter Begriffe und Konzepte und deren Folgen thematisierte Prof. Dr. Jörn Leonhard vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas: „Was dieser Krieg zurückbringt, ist vielleicht weniger die Rückkehr, aber die Neuentdeckung von Raum und Zone, von Territorium und Grenze und der Instrumentalisierbarkeit von Zugehörigkeit mit allen Konsequenzen; Konsequenzen von Leben und Tod.“ Und der Slavist Prof. Dr. Heinrich Kirschbaum erinnerte daran, dass auch der Wissenschaft angesichts der Schrecken eines Krieges in Europa gelegentlich die Stimme versage: „In der Finsternis der letzten zwei Wochen stößt, zumindest bei mir, die wissenschaftliche Phraseologie an ihre Grenzen.”