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Das Universitätssiegel

Das Original-Siegel der Universität Freiburg wurde im Jahr 1463 erstellt. In der Zwischenzeit wurde es mehrmals grafisch überarbeitet (1911, 2023), wobei die inhaltliche Darstellung bis heute erhalten geblieben ist. 

Wie alle Universitätssiegel aus dieser Zeit verweist auch das Freiburger Siegel auf eine christliche Ikonographie, da alle damaligen Universitätsstiftungen als kirchliche Einrichtungen mit päpstlichem Privileg ins Leben gerufen wurden.

Damalige Übergabe der Lehrautorität von der Kirche auf die Universität

Im Fall des Freiburger Siegels wird eine biblische Geschichte dargestellt und auf eine zentrale symbolische Handlung der Universitätsgründung übertragen: die damalige Übergabe der Lehrautorität von der Kirche auf die Universität.

Die biblische Geschichte aus dem Neuen Testament stammt aus Lukas 2: Der zwölfjährige Jesus pilgerte mit seinen Eltern zum Passahfest nach Jerusalem. Als sich seine Eltern nach den Festtagen auf den Heimweg machten, blieb Jesus zunächst unbemerkt zurück. Als die Eltern ihn suchten, fanden sie ihn im Tempel, als er mitten unter den Schriftgelehrten sitzend mit ihnen diskutierte.

In der Szene auf dem Siegel wird der Tempel als spätgotisches Gebäude dargestellt, Jesus befindet sich in der Mitte, darüber und darunter jeweils drei Gelehrte, die gemäß der damaligen Kleiderordnung durch ihre spitzen Hüte als jüdische Gelehrte zu erkennen sind. Jesus ist also dargestellt als Jude in belesener Diskussion mit jüdischen Gelehrten im jüdischen Tempel in Jerusalem.

Darstellung mit drei diachron unterschiedlichen Bedeutungsebenen

Zugleich wird Jesus in der Szene bereits als aufgestandener Christus mit Kreuznimbus gezeigt, der in seiner rechten Hand symbolisch das Neue Testament hält. Die Gelehrten halten eine ausgerollte Thorarolle, also Teile des Alten Testaments, in den Händen. Symbolisiert ist damit die direkt von Gott auf Jesus überkommene Autorität, die das Alte Testament gemäß Neuem Testament übertrifft. Übertragen auf die Universitätsgründung wird hiermit die Übergabe der Lehrautorität von der Kirche auf die Universität dargestellt. Es handelt sich bei der zentralen Szene des Siegels also um eine Darstellung mit drei diachron unterschiedlichen Bedeutungsebenen.

Umrahmt ist die zentrale Szene jeweils links und rechts mit einer Turmspitze und daran befestigten Wappen sowie einem Wappen unterhalb der Szene. Dies sind die Wappen der Stifter und damaligen Geldgeber der Universität: heraldisch rechts das altösterreichische mit fünf Adlern (blau mit goldenen Adler), heraldisch links das habsburgische Bindeschild (rot-weiß-rot) und unten in der Mitte das Freiburger Wappen (weiß mit rotem Kreuz).

Die Umschrift des Siegels lautet lautet: sigillum universitatis studii friburgensis brisgaudie, also: Siegel der Universität Freiburg im Breisgau.

Umgang mit historischem Kontext

Hinsichtlich des Siegels und der darauf abgebildeten jüdischen Gelehrten hat sich im Laufe der Zeit auch die Frage gestellt, ob mit der Darstellung eine Feindlichkeit gegenüber Jüd*innen mit dargestellt ist. Da durch die Szene aus Lukas 2 auf den Ursprung des Christentums aus dem Judentum – als wesentlichem Bestandteil der christlichen Heilsgeschichte – verwiesen wird, liegt dies nicht nahe. Über weitergehende Intentionen zur Gestaltung des Siegels liegen keine Quellen vor. Indes wurde die historische Rolle des Universitätsgründers Erzherzog Albrecht VI. von Österreich (1418-1463) hinsichtlich seiner Haltung und Politik gegenüber Jüd*innen von einer Kommission im Jahr 2023 untersucht. Sie kam zu dem zentralen Ergebnis, dass „Albrecht VI., wie die meisten Habsburger, den Jüd*innen gegenüber – trotz der zeittypischen Ausgrenzung aus der christlichen Gesellschaft – weitaus positiver eingestellt war als die meisten seiner Mitfürsten und Zeitgenossen.“

Unabhängig davon ist zum historischen Kontext wichtig hervorzuheben, dass Jüd*innen in der christlichen Gesellschaft des Mittelalter als Schutzbefohlene lebten, wodurch ihnen eine marginalisierte Stellung zukam und sie immer wieder Repressionen und Verfolgung ausgesetzt waren. Die römisch-deutschen Kaiser übten das sogenannte Judenregal aus, das heißt das Recht, das Leben der jüdischen Bevölkerung eigens regeln zu können.

Für ihre Erinnerungskultur und ihr historisches Selbstverständnis ist es der Universität Freiburg ein wichtiges Anliegen, auch den Bezug von Universität und ihrer Mitglieder zu marginalisierten und verfolgten Gruppen durch die Epochen hindurch historisch differenziert zu beleuchten. Dies hat sie unter anderem mit der Einsetzung der oben genannten Kommission getan und tut sie auch mit der vorliegenden Einordnung des Siegels und seines historischen Kontexts.